Rechtswidrig erlaubt

Verwaltungsgericht begründet sein Urteil gegen die Airbus-Erweiterung, lehnt aber zwei Eilanträge auf Baustopp ab. Airbus lädt schon zum Richtfest

von SVEN-MICHAEL VEIT

Die Erweiterung des Airbus-Geländes in Finkenwerder darf vorerst weitergeführt werden. Am Mittwoch lehnte das Verwaltungsgericht Hamburg (VG) die Eilanträge zweier Kläger ab, einen Baustopp zu verhängen. Paradoxerweise begründete es zugleich ausführlich sein Urteil vom 10. September, dass der Planfeststellungsbeschluss für den Bau rechtswidrig ist. Klägeranwalt Rüdiger Nebelsieck kündigt unverdrossen „kurzfristig weitere juristische Schritte“ an. Einer davon dürfte ein erneuter, aber anders begründeter Antrag auf Baustopp sein, den der BUND erwägt.

Das VG begründete seine Entscheidung gegen den Baustopp damit, „dass die Interessen an der Fortführung der Bauarbeiten höher zu bewerten seien als die Interessen der Antragsteller“. Die Kläger wenden sich gegen zu erwartende Lärmbelästigungen durch zusätzliche Starts und Landungen des Großraum-Airbus. Da dieser aber erst in einigen Jahren fliegen werde, seien die Anwohner, so das VG, „zur Zeit noch nicht betroffen“.

Die Bauarbeiten dürfen also weitergeführt werden, obwohl das Gericht zugleich bekräftigte, dass dies ohne Rechtsgrundlage geschehe. Am 10. September hatte es im Hauptsacheverfahren die Planfeststellung für die Airbus-Erweiterung für rechtswidrig erklärt. In seiner gestern veröffentlichten schriftlichen Begründung legt es auf 66 Seiten ausführlich dar, dass die privaten Interessen der Anwohner höher einzuschätzen seien als die privaten Interessen des Airbus-Konzerns. Denn die Werkserweiterung sei nicht, wie von Senat und Bürgerschaft Hamburgs behauptet, „gemeinnützig“, da es sich in Finkenwerder nicht um einen öffentlichen Flughafen handele, sondern um einen „privaten Werkslandeplatz“.

Anwalt Nebelsieck findet diese Begründung „sehr überzeugend“. Er wundere sich aber, dass das VG „die rechtlich zwingende Konsequenz eines Baustopps scheut“. Das findet auch Manfred Braasch „sehr misslich“. Der Geschäftsführer des Hamburger BUND kündigte gestern an, nun „das naturrechtliche Verfahren zu beschleunigen“. Es sei vorstellbar, „dass wir jetzt einen Baustopp beantragen“.

In diesem noch nicht entschiedenen Verfahren klagen der BUND und zwei weitere Umweltverbände gegen die Zuschüttung von 160 Hektar des Elbebiotops Mühlenberger Loch für die Airbus-Erweiterung. Anders als die klagenden Anwohner, so Braasch, „ist die Natur schon jetzt nachhaltig betroffen“. Deshalb sehe er gute Chancen, auf diesem juristischen Weg das Airbus-Projekt zu stoppen.

Genau andersherum sieht das der Hamburger Senat: „Wir sind froh darüber, dass wir mit den Bauarbeiten angesichts der überragenden wirtschaftspolitischen Bedeutung des Vorhabens fortfahren können“, erklärte am Mittwoch ein Sprecher der Wirtschaftsbehörde. Diese hatte bereits angekündigt, gegen den Hauptsache-Beschluss des VG Revision beim Oberverwaltungsgericht einzulegen. Wann dieses entscheidet, ist noch vollkommen offen.

Unterdessen wächst der Zeitdruck. Die Auffüllung des Mühlenberger Lochs ist weitgehend abgeschlossen, die erste Werks- halle für die Fertigung des A380 ist im Bau. Für den 22. Oktober hat Airbus das Richtfest angekündigt.