Weiter wie zu Goberts und Sasses unseligen Zeiten

Früher haben die Theaterintendanten die Stadt verflucht, jetzt sieht Opernchef Udo Zimmermann seinen Rauswurf als Intrige und schlägt um sich

An der Deutschen Oper an der Bismarckstraße sowie für die Opernhäuser der Stadt gibt man derzeit ein gar schauriges Trauerspiel. Auftritt Intendant Udo Zimmermann: Nach der vorzeitigen Vertragsauflösung (zum 31. Juli 2003 statt 2007) zu Beginn dieser Woche holt Zimmermann nun zur Generalabrechung aus. Man habe ihn „aus dem Amt gedrängt“, sagt der Intendant jetzt vor Journalisten. Nicht künstlerische, sondern politische und wirtschaftliche Interessen hätten seine Arbeit auf der größten Bühne der Stadt durchkreuzt. Gemeint ist damit der Vorwurf des Kultursenators („der Opernintendant trägt die Gesamtverantwortung“), Zimmermann habe das Budget um mehr als eine Million Euro überzogen, dem Haushalt geschadet und das Haus in eine Krise geführt.

Der Intendant weist diese Anschuldigungen zurück. Die Deutsche Oper steuere nicht auf die Pleite zu. Das ausgewiesene Defizit könne bis Ende 2002 ausgeglichen werden. „Doch dafür hat man mir keine Chance gegeben.“ Heftig schlägt Zimmermann nun auch auf Generalmusikdirektor Christian Thielemann ein. Der Dirigent habe seit seiner Amtsübernahme im August 2001 eine Zusammenarbeit „verweigert“ und nur sechs Auftritte in der vergangenen Spielzeit sowie 14 Auftritte in der laufenden Saison übernommen. Ein Bösewicht also.

Auftritt von Christian Thielemann: In einem Brief an die Musiker des Orchesters bekundet dieser jetzt seine Zuneigung zu diesem. Er wolle in der laufenden Spielzeit wieder in Berlin den Taktstock schwingen. Gegenrede Zimmermann: Alles nur Taktiererei. „Im Moment, wo ich das Haus verlasse, ist Thielemann da. Jetzt gibt es die Termine.“

Außerdem lässt Udo Zimmermann durchblicken („Berlin ist eine Intrigenstadt“), dass hinter seinem Rauswurf eine viel größere Kabale steckt: Nämlich die Zusammenführung der drei Opernhäuser aus Kostengründen, für die sich das Land mit seinem Abgang eine gute Ausgangslage verschafft hat.

Das ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Obwohl – Auftritt Thomas Flierl – der PDS-Kultursenator sich „gegen Thielemann“ als Nachfolger Zimmermanns ausspricht und den Rücktritt als „einvernehmlich“ gelöst betrachtet, wird es für die drei Opern immer enger.

Vor Wochen hatte der rot-rote Senat die Vertragsverlängerung von Albert Kost, Intendant an der Komischen Oper, abgelehnt. Peter Mussbach, Chef an der Staatsoper, muss erst einmal ohne Sanierung seines maroden Hauses auskommen. Außerdem wird Flierl „ein Reformpapier zum Jahresende“ vorlegen, das für neue Strukturen an den Bühnen sorgen soll – Schließungen womöglich inbegriffen.

Auftritt Peter Jonas, Vorsitzender der Deutschen Opernkonferenz: Die Tragödie, die sich in Berlin jetzt abspiele („vergleichbar mit den Rauswürfen der Theatermänner Boy Gobert und Heribert Sasse“) und zum Rücktritt Zimmermanns geführt habe, sei Beweis genug, dass die ganze Richtung nicht mehr stimme. Der Senat müsse diese Blockade lösen und sich nicht weiter so fantasielos anstellen. Vorhang zu und alle Fragen offen. ROLF LAUTENSCHLÄGER