fundgrube
: Genießen ohne moralische Skrupel

Das „Handbuch ökologisches Design“

Einst freute ich mich, in Berlin Produkte von der westfälischen Molkerei kaufen zu können, die mich bereits als Kind versorgt hatte. Heutzutage sind sogar ihre Bioerzeugnisse erhältlich. Inzwischen weiß ich aber auch, dass ein Tankwagen jeden Morgen rund 300 Kilometer fährt, um die Milch einzusammeln, die nach der Verarbeitung weitere 450 Kilometer nach Berlin transportiert wird. Die dabei in Kauf genommene Abgasimmission macht diese Bioprodukte äußerst fragwürdig.

Solch weiter gehende Überlegungen werden in dem „Handbuch ökologisches Design“ allenfalls am Rande angestellt. Auch in der Einleitung bedient der Verfasser, etwa mit dem Hinweis auf die Klimaerwärmung, vor allem die bekannten Allgemeinplätze des Umweltbewusstseins. Dieses soll schlicht beruhigt werden, der Einkaufsführer hat das erklärte Ziel, „die Herzen von Designfreaks höher schlagen zu lassen, ohne das ökologische Gewissen zu belasten“.

Den Hauptteil bildet die in verschiedene Kategorien eingeteilte Präsentation von vorgeblichen Ökoprodukten. Die Ausgewogenheit bei der Auswahl etwa von „Alltagsgegenständen“ ist vorbildlich, hier ist für jeden was dabei: Die Befürworter organischer Formen bekommen allerlei oval Gestaltetes geboten, den Verfechtern von recycelten Stoffen werden überraschende Einsatzmöglichkeiten von gepresstem Altpapier oder Dichtungsfilz vorgestellt, und sogar Fans klassischen Designs kommen mit einem Stuhl von Egon Eiermann auf ihre Kosten, hier ausgestattet mit Sitz- und Rückenschalen aus recyceltem Kunststoff anstelle des üblichen Sperrholzes. Die Auswahl von Baumaterialien enthält für einen Architekt allenfalls Anregungen. Und dass auch die Hausbeispiele knapp geraten sind, wundert nicht, die längsten Absätze sind schließlich Autos vorbehalten.

Bei diesem Parforceritt durch die Produktpalette müssen die Lektoren gelobt werden: Das Quellenverzeichnis mit den Anschriften sowohl der Designer und Hersteller als auch einschlägiger Institutionen scheint gut recherchiert und auch das Glossar ist nützlich.

Dennoch liegt hier lediglich ein Katalog persönlich favorisierter Gegenstände vor, bei denen ein Gesichtspunkt irgendwie ökologisch besetzt ist. Die vorgestellten Produkte sind recycel-, kompostier-, erneuerbar, emissionsfrei etc. – ungesagt bleibt meistens allerdings das ausschließende „oder“ zwischen diesen Attributen. Mit intelligenten Designkonzepten, die den Benutzer anregen, hat das nichts zu tun. Und eines ist dieses Produkt schon aufgrund zwangsläufiger Zeitgenossenschaft auch nicht, nämlich nachhaltig. MIKAS

Alastair Fuad-Luke: „Handbuch ökologisches Design. Möbel, Objekte, Geräte, Materialien, Adressen“. DuMont Literatur und Kunstverlag, Köln 2002, 29,90 Euro