Wanted: Gestählter Repräsentant

Der Fußball-Zweitligist 1. FC Union Berlin sucht schon mal einen Nachfolger für den scheidenden Trainer Wassilev. Im Gespräch ist unter anderen Falko Götz, der in der vergangenen Saison Hertha BSC aus der Krise puschte

Zaungäste beim Training des 1. FC Union wundern sich neuerdings über die ungewohnt lockere Atmosphäre am Stadion „Alte Försterei“ in Köpenick. Es darf gescherzt werden in der Mannschaft, selbst Coach Georgi Wassilev huscht ab und an ein Lächeln über die Lippen. Der selbe Wassilev, der allzu überschwängliche Freude bei der Arbeit für gewöhnlich als potenzielle Fehlerquelle untersagt.

In der Wuhlheide scheint nichts mehr so, wie es einmal war, seitdem Wassilev Ende September – ohne Rücksprache mit dem brüskierten Präsidium – seinen Weggang nach der laufenden Saison avisiert hat. Nach fast vier Jahren im Amt schließt der „General“ damit das wohl erfolgreichste Kapitel in der Union-Historie, weil er sein erfolgreiches Engagement von der Vereinsführung nicht genug gewürdigt fühlte.

„Es ist eine normale Situation“, versucht Heiner Bertram den Affront seines leitenden Angestellten zu bagatellisieren. Gleichwohl signalisiert der Präsident dem Coach vor der heutigen Zweitliga-Partie beim 1. FC Köln, dass er keinen Spaß versteht: „Der Trainer hat bekundet, dass er für Union weiterhin kämpfen will. Wir werden es uns sorgfältig anschauen.“ Da Wassilevs letzter Arbeitstag vor dem offiziellen Vertragsende am 30. Juni 2003 anbrechen könnte, läuft hinter den Kulissen die Suche nach einem Nachfolger bereits auf Hochtouren.

„Ein Personalwechsel auf dieser Position ist immer ein Risiko“, weiß Bertram. Unions Headhunter haben ein klares Bild vom Wassilev-Nachfolger: Der Gesuchte soll ein im bundesdeutschen Profi-Biz gestählter Fußball-Lehrer sein, der sich und den Verein gut repräsentieren kann (eine Gabe, die bei Wassilev bemängelt wurde).

Erster Anwärter auf den Posten war Hermann Gerland, der bis zu seiner Entlassung im Herbst 1999 Tennis Borussia Berlin aus den Tiefen des Amateurlagers in die Spitzengruppe der 2. Liga hievte. Doch der amtierende Nachwuchstrainer von Bayern München sagte aus privaten Gründen ab.

Als aussichtsreichster Kandidat gilt nunmehr Falko Götz. Der smarte Jungdynamiker führte Hertha BSC in der vorigen Saison nach der Entlassung Jürgen Röbers noch in den Uefa-Cup. Götz wäre zu haben, sein Arbeitsverhältnis im Olympiastadion endete zum 30. September. „Union ist ein interessanter Verein“, setzt er eine deutliche Duftmarke.

Chancen werden auch Uwe Erkenbrecher aus Paderborn eingeräumt. Der lange Blonde mit dem schnellen Mundwerk sollte bereits 1999 nach Köpenick kommen. Aber Erkenbrecher, damals in Lübeck tätig, kam nicht aus seinem laufenden Vertrag in der Hansestadt heraus. Das könnte ihm jetzt nicht passieren. Bei Regionalligist Paderborn hat sich Erkenbrecher vertraglich zusichern lassen, dass er gehen könnte, falls ein lukratives Angebot eines anderen Klubs käme. Dass ihn der Trainerposten bei Union reizen würde, verhehlt Erkenbrecher nicht: „Da kann man nur Ja sagen!“ JÜRGEN SCHULZ