„Wir müssen mehr Schwerpunkte setzen“

Jörg Arndt, Leiter des Amtes für Bibliotheken und Kultur in Mitte, warnt die Bezirke vor Kleinstaaterei: „Die Berliner Bibliotheken brauchen eine gesamtstädtische Lösung.“ Er stellt sich eine Stiftung als gemeinsamen Träger vor

taz: Herr Arndt, die Berliner Bibliotheken sind voll, die Kassen leer. Wie kann die Infrastruktur in Berlin gesichert werden?

Jörg Arndt: Eine Möglichkeit wäre eine gesamtstädtische Planung. Das heißt, dass wir bestimmte Bibliotheken schwerpunktmäßig herausbilden und nicht die Universalbibliothek in jedem Kiez abbilden wollen – das wäre die verkehrte Antwort.

Sind die Bezirke bereit, Kompetenzen ihrer Häuser abzutreten?

Es ist schwierig, weil alle Bezirke vor dem Hintergrund des Kostendrucks zur Zeit ausschließlich für sich denken. Erschwert wird die gemeinsame Planung zusätzlich durch die Zweischichtigkeit zwischen Bezirk und Land.

Der Verbund Öffentlicher Bibliotheken Berlins (VÖBB) sorgt bereits für synergetische Effekte. Könnte man dies nicht auf organisatorische Ebene übertragen?

Wir denken durchaus über alternative Organisationsformen nach. Zum Beispiel über einen Trägerwechsel aus den Bibliotheken in eine Stiftung. Auf Landesebene arbeitet die ZLB bereits mit diesem Modell. Vorstellbar ist aber auch eine separate Stiftung der bezirklichen Bibliotheken. Dies würde die Einflussmöglichkeit der Bezirke besser sichern.

Ist ein GmbH-Modell für Berlin denkbar?

Das halte ich für nicht sehr wahrscheinlich. Es wäre mit sehr vielen Risiken behaftet, zum Beispiel mit der Gefahr der Insolvenz. Grundsätzlich ist die Überführung in eine GmbH nicht so einfach. Finanzvermögen müsste übertragen und Personal überstellt werden. Und ein Teil der Beschäftigten hat Beamtenstatus.

Könnten nicht Kosten gespart werden, indem man die Mehrkosten, die durch den VÖBB entstehen, in Neuanschaffungen investiert?

Berlin braucht diesen Verbund unbedingt. In anderen deutschen Städten und auch im Ausland ist der Nachweis der Bestände über die Stadt hinweg allgemeiner Standard. Notwendig ist mittlerweile auch der Service, Medien bestellen zu können. Nur so ist ein Sharing zwischen den Beständen möglich. Die Kehrseite der Medallie wäre eine teure Duplizierung von Medienangeboten.

Ist die Erhöhung von Nutzungsgebühren eine Lösung, über die Sie nachdenken?

An der Stellschraube der Gebühren zu drehen, wäre fatal. In anderen Städten mit recht hohen Gebühren ist die Nutzung in Teilen zusammengebrochen. Ich glaube, man muss eine Balance finden zwischen kostengünstigem Angebot und Maßnahmen, die mehr Einnahmen erwirtschaften. Eine stadtübergreifende Organisation böte sehr viel bessere Chancen der Vermarktung. Drittmittel und Sponsorengelder könnten effizienter aquiriert werden.

INTERVIEW: SUSANNE LANG