Kirche konzentriert sich aufs Kerngeschäft

Der gemeinnützige Kirchbauhof, einst Kreuzbergs größter Arbeitgeber, hat Insolvenz angemeldet. Geschäftsführer: Vertrauensverlust durch seinen Vorgänger. Auffanggesellschaft für ABMler. Kulturprojekt macht dicht

von UWE RADA

Es war eine Mission, die zum Scheitern verurteilt war. Als Jürgen Quandt, seines Zeichens Pfarrer der Heiligkreuzgemeinde zu Kreuzberg, vor anderthalb Jahren die Geschäftsführung des Beschäftigungs- und Sanierungsträgers „Kirchbauhof“ übernahm, hatte er noch Hoffnung, das angeschlagene Unternehmen retten zu können. Nun ist auch Quandt mit seinem Latein am Ende. „Obwohl es uns nicht leicht gefallen ist, haben wir die Insolvenz beantragt“, sagte Quandt gestern zu taz. Bis Anfang November muss der Insolvenzverwalter nun prüfen, was aus Kreuzbergs einst größtem Arbeitgeber wird.

Der Kirchbauhof ist, wie der Name schon sagt, ein Mischunternehmen. Schon 1991, als über 300 Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger die Heiligkreuzkirche zu einem Zentrum auch für weltliches Tun umbauten, war Jürgen Quandt an Ort und Stelle. Als Geschäftsführer des schnell zum Sanierungs- und Beschäftigungsträger aufgestiegenen Alternativbetriebs musste er allerdings erst ran, als es schon kräftig im Gebälk knisterte. Nach monatelangem Tauziehen, Gerüchten um Unregelmäßigkeiten und undurchsichtiger Finanzierungspoltik musste der langjährige Geschäftsführer der Gesellschaft, Matthias Ross, im März 2001 seinen Hut nehmen. Quandt sagt heute dazu: „Vor meiner Zeit war der gemeinnützige, geförderte Teil der Gesellschaft mit dem gewerblichen Baubereich so vermengt, dass die Fördergeber und das Finanzamt zunehmend Probleme gemacht haben.“

Dass die Wahl zum neuen Geschäftsführer auf einen Pfarrer und nicht auf einen Betriebswirt fiel, hatten damals unter anderem die kirchlichen Gesellschafter zu verantworten, deren Geld im Kirchbauhof steckte. Kritiker hatten zuletzt immer wieder bezweifelt, dass Quandt, der als Pfarrer weiter tätig blieb, die nötige Durchsetzungskraft zur Umstrukturierung des Unternehmens mit sich bringe. „Aus heutiger Sicht“, sagte Quandt gestern, „würde ich das auch nicht mehr machen.“ Zu vielschichtig seien die Probleme gewesen.

Zum Vertrauensverlust beim Senat gesellte sich schließlich noch die Krise der Baubranche und der damit zusammenhängende Einbruch in den Auftragsbüchern. Nun müssen sich die kirchlichen Gesellschafter beim Kirchbauhof also wieder ganz aufs kirchliche Kerngeschäft konzentrieren.

Ganz pessimistisch ist Quandt dennoch nicht. „Wir haben es immerhin geschaft, für die Beschäftigten in den geförderten Maßnahmen Auffanglösungen zu finden.“ Soll heißen, etwa 200 ABMler und SAMler sind mit ihren Projekten auf andere Träger verteilt worden. Unklar ist allerdings noch, was aus dem gewerblichen Baubereich mit seinen etwa 30 Beschäftigten wird. „Hier wäre eine Auffanggesellschaft die beste Lösung“, so Quandt. „Ob das klappt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.“

Nicht geklappt hat es zumindest für das Kulturwerk in Oberschöneweide. „Mit der gestrigen Finissage der Ausstellung ‚Helden der Arbeit‘ müssen auch die Reinbeckhallen dichtmachen“, sagt der künstlerische Leiter der Ausstellung, Bernd Moltzan. Als unmittelbares Kirchbauhof-Projekt kann das Kulturwerk als Träger der Reinbeckhallen nicht mehr für die Miete in Höhe von 1.700 Euro aufkommen. „Uns hat das hart getroffen, schließlich sind wir hier seit vier Jahren in Oberschöneweide aktiv“, so Moltzan. Durch den Wechsel der Geschäftsführung des Kirchbauhofs seien die Weichen zwar neu gestellt worden. „Aber das Sanierungskonzept wurde offenbar nicht schnell genug umgesetzt“, so Moltzan.