ROT-GRÜN: FÜR NEUE JOBS TUN DIE SOZIALDEMOKRATEN ZIEMLICH WENIG
: Die Kohle ist nicht das Maß aller Dinge

Die Verhandlungen zwischen Rot und Grün sind bei der Frage angekommen, welche Modernisierung die neue Regierung eigentlich anstrebt. Will sie sich auf gesellschafts- und sozialpolitische Reformen konzentrieren, oder tut sie auch etwas Konkretes für neue Jobs? Hier bleiben die Verhandlungsergebnisse bisher seltsam unbestimmt. „Der Aufbau Ost geht weiter“ – phrasenhafte Ankündigungen wie diese von SPD-Fraktionschef Franz Müntefering lassen erahnen, wie wenig weit Rot-Grün bislang tatsächlich gekommen ist.

Zu den wirtschaftlichen Problemen in Deutschland gehört auch der Mangel an zeitgemäßen Arbeitsplätzen und Betrieben. Man muss schon ziemlich lange überlegen, bis man eine Hand voll einheimischer Unternehmen beisammen hat, die in der 1. Liga der modernen globalen Branchen mitspielt, etwa der Kommunikationsindustrie. Den Missstand fehlender neuer industrieller Kerne wird Rot-Grün nicht dadurch beseitigen, dass durch Deregulierung ein Teil der Arbeitsplätze des Schwarzmarktes legalisiert wird.

Dabei hat Rot-Grün das Seil in der Hand; die Koalitionäre müssen nur kräftig daran ziehen. Die einzige neue Branche, in der deutsche Unternehmen in eine international führende Rolle hineingewachsen sind, ist die der Energieproduktion aus regenerativen Quellen. Da könnte die neue Bundesregierung noch richtig Wirtschaftspolitik machen – wenn die SPD nur wollte. Förderprogramme, Forschung, ambitionierte Ziele für den Klimaschutz – alles das ließe sich innerhalb überschaubarer Zeiträume in neue Jobs ummünzen. Unter einer Voraussetzung: Die Sozialdemokraten dürfen nicht länger den neuen Energieproduzenten das Leben schwer machen, um ihre alten Kohlegruben zu schützen. Genau das aber hat der künftige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement während seiner Zeit als NRW-Ministerpräsident gemacht. Damit neue Jobs entstehen, muss die SPD ihre mentale Verpflichtung gegenüber den traditionellen Großindustrien aufkündigen. Von alleine wird das nicht gehen. Den Grünen steht da noch viel Arbeit ins Haus. HANNES KOCH