Die Leere zwischen den Zentren

Der Berliner Einzelhandel befindet sich in der größten Umstrukturierung seiner Geschichte. Zwischen den Einkaufszentren bleibt nur noch wenig Platz für Einkaufsstraßen. Manche nutzen diese Chance, manche nicht

Immer mehr Einkaufszentren zieht es auch in Berlinin die Innenstadt

von UWE RADA

Die Schönhauser Allee ist eine Schnäppchenmeile geworden, der Einzelhändler um die Ecke schließt, nachdem in der Nähe ein Einkaufszentrum eröffnet hat. Tauentzien und Schlossstraße dagegen boomen. Kein Einzelhandelsstandort befindet sich bundesweit derzeit so sehr im Umbruch wie Berlin. Und ein Ende der Fahnenstange ist nicht in Sicht, wie die Neuplanung des Alexanderplatzes zeigt, der mit 350.000 Quadratmeter Ladenfläche zum größten Einzelhandelsstandort der Hauptstadt werden soll.

Mittlerweile, so schätzt Rolf Spannagel vom Institut für Markt- und Wirtschaftsforschung, gibt es in Berlin etwa 4 Millionen Quadratmeter Einzelhandelsfläche. Das sind 1,18 Quadratmeter pro Einwohner, 1,24 in Westberlin und 1,20 im Ostteil der Stadt. Zum Vergleich: Kurz nach der Wende standen in Ostberlin nur 0,6 Quadratmeter pro Person zur Verfügung.

Mit dem enormen Zuwachs an Einzelhandelsflächen liegt Berlin zwar immer noch unter dem Bundesschnitt von 1,3 Quadratmeter pro Einwohner. Doch anders als in vielen westdeutschen Städten ist in Berlin auch die Kaufkraft geringer. Auf einen Index von 100 bezogen, liegt diese in München bei 132,4, in Köln bei 114,1, in Hamburg bei 109,2, in Berlin dagegen nur bei 102.

Immer mehr Anbieter konkurrieren also um einen gleich bleibenden oder sogar sinkenden Betrag in den Portemonnaies der Berliner. Die Folge ist schon jetzt ein „Verdrängungswettbewerb zwischen den Einzelhandelsstandorten“, wie die Hypovereinsbank in ihrer Berliner Immobilienmarktanalyse vom Mai 2001 fesgestellt hat.

Wie dieser Verdrängungswettbewerb aussehen wird, hat Spannagel bereits untersucht. „Generell polarisiert sich das Geschehen zwischen den Einkaufszentren auf der grünen Wiese und den innerstädtischen Einkaufszentren.“ Dabei sei auch ein Trend zugunsten innerstädtischer Zentren erkennbar.

Jüngstes Beispiel dafür ist das geplante Center „Eastgate“, das bis 2005 an der Marzahner Allee in der Nähe der Landsberger Allee eröffnen soll. Mit 32.000 Quadratmeter Verkaufsfläche und 150 Geschäften wird das von der Hamburger ECE betriebene Center fast so groß sein wie die Potsdamer Platz Arcaden mit 35.000 Quadratmeter. Größte Einkaufszentren auf der grünen Wiese sind das A 10-Center (107.000), Waltersdorf (90.000), der Kaufpark Eiche (58.000) und das Havelcenter in Dallgow (52.000).

Die traditionellen Berliner Einkaufsstraßen, schätzt Marktforscher Spannagel, werden zwischen dieser Konkurrenz weiter ausgedünnt werden. Dabei kommt es aber zu recht unterschiedlichen Entwicklungen, die unter anderem von der Lage der Standorte, ihrer Erreichbarkeit und der Sozialstruktur der umgebenden Wohnbevölkerung abhängig ist.

Die taz proträtiert auf dieser Seite vier Standorte mit einer jeweils typischen Handelsstruktur, die in ihrer Gesamtheit ein Bild der weiteren Entwicklung der Berliner Einzelhandelsstruktur abgeben dürften.