Schläge für den Fotografen

In der Elfenbeinküste setzen regierungstreue Medien die ausländische Presse unter Druck und bezichtigen sie der Desinformation. Ausländische Sender wurden sabotiert

BERLIN taz ■ Die Regierung der Elfenbeinküste, die sich derzeit im Krieg gegen rebellierende Teile der Streitkräfte im Norden des Landes befindet, sorgt sich sehr um die Medien. Vor einer Woche lud Informationsminister Sery Bailly die ausländischen Journalisten im Land zu einem Treffen ein, um sich über ihre Arbeit zu unterhalten. „Tatsachen sind heilig“, erklärte der Minister. „Ich bitte Sie bloß, zu versuchen, ein Gleichgewicht herzustellen, die Informationen objektiv zu machen und zu relativieren.“

Die Bitte um „Relativierung“ dürfte die Medien nicht sonderlich beruhigen. Denn seit dem Beginn der Krise in der Elfenbeinküste am 19. September sehen sich die im Land arbeitenden internationalen Medien einem großen Druck ausgesetzt. Mehrfach ist aus Abidjan von Übergriffen auf Journalisten französischer Medien berichtet worden, die darauf folgten, dass ihre Berichte in ivoirischen Regierungsmedien mit Namensnennung kritisiert wurden. Die Elfenbeinküste sieht sich Frankreich sehr nahe – und in Zeiten eines Krieges, in dem Frankreich nicht voll auf Seiten der ivoirischen Regierung steht, wird alles, was aus Paris kommt, mit höchstem Argwohn verfolgt.

Viele Anhänger der Regierung haben sich in milizenähnlichen Strukturen organisiert und jagen damit ihre Gegner. Nach Angaben von „Reporter ohne Grenzen“ haben „Demonstranten, die die Anwesenheit der ausländischen Presse ablehnen“, bei einem Aufmarsch einen Kameramann der Nachrichtenagentur Reuters angegriffen; die Nachrichtenagentur AFP berichtete ferner, ein Mitarbeiter der Deutschen Welle sei von Sicherheitskräften misshandelt worden.

Da die einheimischen Medien in der Elfenbeinküste, wie in vielen Ländern Afrikas, als wenig objektiv gelten, orientieren sich viele Bürger des Landes an den großen ausländischen Radiosendern. Aber seit dem 22. September sind die drei wichtigsten von ihnen – BBC, RFI und Africa No. 1 – auf Kurzwelle abgeschaltet. Die Regierung sagte, sie könne es sich nicht erklären, aber jemand habe wohl die Sendeanlagen zerstört. „BBC, RFI, AFP, die Feinde der Elfenbeinküste“ titelte Notre Voie später; die Tageszeitung Fraternité Matin schrieb: „Normalerweise ist jede Einschränkung der Pressefreiheit zu verurteilen, aber die Elfenbeinküste befindet sich im Krieg!“. Wenige Tage später fiel auch das französische Auslandsfernsehen TV5 Saboteuren zum Opfer.

Letzten Montag machte sich Notre Voie daran, ihren Lesern die ausländischen Medien zu erklären. „Diese Presse steht unter der Fuchtel multinationaler Unternehmen“, hieß es. „Diese Medien sind das sichtbare Gesicht der Interessennetzwerke, die Afrikas Volkswirtschaften ausplündern. Sie arbeiten zusammen mit diesen Multinationalen, die ihren Reichtum mit dem Blut der Afrikaner schmücken.“ Einen Tag später legte sie nach: Die internationalen Medien „spielen das Spiel der Angreifer“.

Die Kontroverse macht vor den Betroffenen nicht halt. Laut Notre Voie hat der Abidjan-Korrespondent der französischen Tageszeitung Le Monde gekündigt. In dem von Notre Voie abgedruckten Kündigungsschreiben wirft der Kameruner Théophile Kouamouo seiner Redaktion unter anderem vor, ihn nicht über die Massenkundgebungen von Regierungsanhängern berichten zu lassen. „Ich würde lieber eine hohe Meinung des Monde bewahren, indem ich eventuellen weiteren Problemen im Rahmen eines Konfliktes, der immer komplexer wird und den man offenbar mit unkonventionellen journalistischen Waffen zu vernebeln versucht, entkomme.“DOMINIC JOHNSON