Richtlinien zu Kioto

Die EU debattiert einen ersten Richtlinienvorschlag zur Reduzierungvon Treibhausgasen bis 2012. Die Bundesrepublik übt scharfe Kritik

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Als einer der ersten Unterzeichner des Klimaschutz-Protokolls von Kioto muss sich die Europäische Union nun darüber klar werden, wie sie ihre Zusage umsetzen kann, acht Prozent weniger Treibhausgase bis zum Jahr 2012 freizusetzen. Die EU-Kommission hat gestern einen ersten Richtlinienvorschlag vorgelegt und in erster Lesung diskutiert. So genannte Emissionszertifikate sollen künftig bewirken, dass CO2-Erzeuger zur Kasse gebeten werden können.

Wer viel CO2 in die Luft pustet – etwa Braunkohlekraftwerke – muss solche Zertifikate auf dem freien Markt erwerben. Wer seine Technologie dagegen verbessert, kann die dann frei werdenden Zertifikate auf dem Markt anbieten. Die Kommission schätzt, dass für die schwarzen Schafe unter den Unternehmen Kosten von bis zu 20 Euro pro Tonne CO2 entstehen könnten.

Das Parlament sprach sich mit großer Mehrheit dafür aus, die Richtlinie in entscheidenden Punkten zu ändern. So sollen Veränderungen vom Stichjahr1990 aus beurteilt werden. Diese Änderung ist vor allem für die Bundesrepublik von Bedeutung, da nach der Wiedervereinigung zahlreiche Großbetriebe in Ostdeutschland stillgelegt wurden. Deutschland hat seitdem Zertifikate angehäuft, die lukrativ verkauft werden können.

Die EU-Abgeordneten wollen außerdem, dass nach Betriebsschließungen die Zertifikate wieder verfallen. Sonst könnten Unternehmen, so das Argument, zusätzlich Geld verdienen, indem sie Produktionsstätten außerhalb der EU verlagerten. Außerdem sollen neben CO2 auch die fünf anderen in Kioto geächteten Treibhausgase in das neue System einbezogen werden. Im Vorfeld hagelte es vor allem von Seiten der Industrie viel Kritik. Der konservative Abgeordnete Werner Langen, Mitglied des Industrieausschusses im Europäischen Parlament, wetterte: „Frau Kommissarin Wallström, was Ihre Behörde da vorgelegt hat, war der schlechteste Richtlinien-Entwurf, den ich in meiner achteinhalbjährigen Arbeit gesehen habe!“ Vor allem die Tatsache, dass künftig freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie nicht mehr zulässig sind, stößt auf Unverständnis. Seit 1990 habe Deutschland die CO2-Belastung auf freiwilliger Basis um 18,7 Prozent gesenkt und damit seinen Anteil an den Kioto-Verpflichtungen – 21 Prozent des gesamten EU-CO2-Ausstoßes – fast erfüllt. Die Nachwende-Pleitewelle in Ostdeutschland, die dazu wesentlich beigetragen hat, reden die Deutschen allerdings gerne klein.