Gleichstellung wird bevorzugt

Rote und grüne Verhandlerinnen einigen sich auf ambitioniertes frauenpolitisches Koalitionsprogramm. Ende 2003 wird die Privatwirtschaft auf Gleichstellung hin geprüft

BERLIN taz ■ Es war eine eher traurige Runde, die sich gestern über die künftige rot-grüne Frauenpolitik verständigte. Eine Frauenministerin Christine Bergmann, die nicht mehr Frauenministerin sein darf, die SPD-Politikerin Hildegard Wester, die überraschend nicht mehr in den Bundestag gewählt wurde. Zukunftsperspektiven zu entwickeln fiel ihnen, so wird berichtet, eher schwer.

Doch was als frauenpolitisches Kapitel im Koalitionsvertrag stehen wird, sieht nicht so traurig aus: „Flexible, effektive gesetzliche Regelungen“ für mehr Gleichstellung in der Privatwirtschaft sollen auf den Weg gebracht werden, sollte eine Bestandsaufnahme Ende 2003 keine wirklichen Fortschritte bringen – das ist ein Clement-fester Ausdruck für Gleichstellungsgesetz, der im Koalitionsvertrag verwendet werden soll.

Zudem wird die neue EU-Gleichbehandlungsrichtlinie von 2002 „umgehend“ umgesetzt, so der vorgesehene Vertragstext. In dieser Richtlinie sind einige Leib-und-Magen-Themen der Frauenverbände abgehandelt: etwa ein Verbandsklagerecht, das es Verbänden ermöglicht, anstelle von Einzelpersonen gegen Diskriminierung zu klagen. Auch schreibt die Richtlinie vor, dass ein Gender-Institut über die Gleichstellungsbemühungen der Politik wacht. Das „Gender Mainstreaming“, die Berücksichtigung von eventuell unterschiedlichen Frauen- und Männerinteressen bei politischen Vorhaben, wird „nachhaltig verankert“. Schon in der letzten Legislaturperiode haben sich alle Ministerien auf Modellprojekte verständigt. Nun geht es um den Ausbau der Vorhaben. Auch „Gender Budgeting“ soll „nachhaltig verankert“ werden. Dabei achtet man darauf, wie viel Geld jeweils für Männer und für Frauen ausgegeben wird. Bei der Vorstellung der Vorhaben gestern Abend erklärte Grünen-Chefin Claudia Roth, dass man auch den großen Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen angehen wolle: Dazu will die Regierung „den BAT neu strukturieren“. Ein großer Plan.

Zusätzlich wurde beschlossen, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Firmen zu bevorzugen, die sich um Gleichstellung bemühen. Es wird einen jährlichen Bericht geben – und Kanzler Schröder gibt in vier Jahren eine Regierungserklärung zur Gleichstellung ab. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, zeigte sich zufrieden: „Wir haben alles durchbekommen.“ Zwar wisse man, dass der Koalitionsvertrag „keine Bibel“ sei, doch Schröder stehe unter strenger weiblicher Beobachtung. HEIDE OESTREICH