Harte Nuss für Bush

Zeitgemäß wie selten: Friedensnobelpreis für Jimmy Carter. Verleihung ist Ohrfeige für Präsident Bush. Der hat vom Kongress gerade die Ermächtigung zum Krieg gegen den Irak erhalten

BERLIN taz ■ Nur Stunden nachdem der US-Kongress den derzeitigen US-Präsidenten George W. Bush zum Krieg gegen Irak ermächtigt hat, hat gestern das norwegische Nobelkomitee bekannt gegeben, dass der Preis dieses Jahr an den ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter geht. „In der heutigen, von drohender Machtanwendung geprägten Lage“, schreibt das Komitee, „hat Carter auf dem Prinzip beharrt, dass Konflikte in größtmöglichem Umfang durch Vermittlung und internationale Zusammenarbeit auf der Basis des Völkerrechts, des Respektierens der Menschenrechte und wirtschaftlicher Entwicklung gelöst werden müssen.“ Während Carter, Sohn einer Erdnussfarmerfamilie, sich gestern freudig bedankte, beschied das Weiße Haus: No comment.

Erst Anfang September hatte Carter in einem Meinungsbeitrag für die Washington Post mit der Außenpolitik der Bush-Regierung abgerechnet und diese mit „Unrechts-Regimen“ verglichen. So war es nur folgerichtig, dass der Komiteevorsitzende Gunnar Berge sagte: „Ja, mit Blick auf Carters Position in dieser Frage kann und muss man unsere Entscheidung natürlich auch als Kritik an der Linie der amtierenden US-Regierung im Verhältnis zum Irak verstehen.“ Das aber mochten andere Mitglieder des fünfköpfigen Komitees nicht hören: Die Politikerin Inger Marie Ytterhorn von der rechtspopulistischen norwegischen Fortschrittspartei distanzierte sich. In einem Interview sagte sie, Berge habe „dabei seine persönliche und nicht die Meinung des Komitees zum Ausdruck gebracht“. Ytterhorn bestritt, dass bei der Entscheidung des Gremiums die derzeitige Irakpolitik von Bush eine Rolle gespielt habe. Allerdings hatten Abgeordnete ihrer Partei dem Gremium vorgeschlagen, George W. Bush und den britischen Premier Tony Blair mit dem Preis zu ehren. PKT

brennpunkt SEITE 3portrait SEITE 4meinung SEITE 11