Rache ist süß

In einem dramatischen Match gewinnt Brasilien das Finale der Volleyball-WM gegen Russland mit 3:2

BUENOS AIRES taz ■ Manchmal wiederholt sich Geschichte eben doch. Es war vor 20 Jahren im Luna-Park von Buenos Aires, als die Volleyballnationalmannschaft Brasiliens im Finale der Weltmeisterschaft auf die Sowjetunion traf – und mit 0:3 unterging. Auf die Revanche mussten die Brasilianer lange warten. Wieder wurde das Match gegen Russland im Luna-Park von Buenos Aires gespielt, nur diesmal gewann Brasilien mit 3:2 (23:25, 27:25, 25:20, 23:25, 15:13).

Erst vor zwei Monaten hatte das Team von Trainer Bernardo Rezende im Endspiel der Weltliga gegen Russland mit 1:3 verloren – und das auch noch in Bahia vor heimischem Publikum. Andererseits hatte Brasilien bei der WM in Argentinien nur ein Spiel abgegeben. Und auf dem Weg ins Finale mussten starke Gegner aus dem Weg geräumt werden. Weltmeister Italien wurde von den Brasilianern an die Wand gespielt. Jugoslawien mit Bravour geschlagen. Alles nur, um am Ende wieder auf Russland zu treffen. Ausgerechnet.

Es wurde ein Nervenkrieg. Einen Tag vor dem Spiel schloss sich das brasilianische Team im Hotel ein. Für niemanden waren die Spieler zu sprechen. Nur einmal kurz zeigte sich Kapitän Nalbert. Er spielte die Sache herunter: „Wir wollen die Besten der Welt sein und die Besten schlagen. Daher ist Russland für uns der perfekte Finalgegner. Außerdem wollen wir uns rächen.“ Damit war alles gesagt.

Das Spiel hielt, was Nalbert versprochen hatte. Beide Mannschaften zeigten einen Volleyball, der einem WM-Finale angemessen war. Vor 10.000 Zuschauern konnte Russland den ersten Satz knapp für sich entscheiden. Auch danach war das Spiel ein Kopf-an-Kopf-Rennen, meist mit immer nur einem Punkt Unterschied. Nach gewonnenem zweiten Satz wirkten die Brasilianer im dritten etwas zerstreut. Die Russen waren konzentrierter, ihre Abwehr besser organisiert. Erst kurz vor Schluss des Durchgangs fingen sich die Brasilianer dank ihres Kapitäns Nalbert wieder. Selbst wenn einige seiner Bälle vorhersehbar waren, so schmetterte er sie mit einer solchen Wucht über das Netz, dass die russischen Verteidiger bestenfalls den Lufthauch spüren konnten.

Der vierte Satz ging mit 25:23 an die Russen. Im Tiebreak waren die Brasilianer aber immer einen Punkt vor ihren Gegnern. Es war der brasilianische Angriff, der den Unterschied machte, mit seinen herausragenden Spielern Nalbert und Giba. Auswechselspieler Giovane war es vorbehalten, nach zwei Stunden und einer Minute das Match mit einem Aufschlag zu beenden.

Die Feier im Luna-Park wurde von den Brasilianern und deren angereisten Fans ausgerichtet. Bis endlich die Medallien überreicht wurden, dauerte es eine gute halbe Stunde. Aber das war nicht die einzige organisatorische Panne an diesem Abend. Der brasilianische WM-Sieg ließ die argentinische Militärkapelle vollkommen unbeeindruckt – sie gab die Hymne des Gastlandes. Nalbert, eingehüllt in eine brasilianische Fahne, schaute etwas verdutzt. Aber in diesem Moment konnte ihn selbst das nicht mehr aus der Fassung bringen.

INGO MALCHER