Saddam Hussein lässt sich wählen

Um es den Amerikanern zu zeigen, lässt sich Saddam Hussein heute von seinem Volk für weitere sieben Jahre im Amt bestätigen. Das Ergebnis steht natürlich bereits fest. Dies ist in der arabischen Welt jedoch nichts Ungewöhnliches

aus Bagdad KARIM EL-GAWHARY

Geht es nach der Anzahl der Bilder des Kandidaten auf den Straßen, in Läden, öffentlichen Gebäuden oder hinter den Windschutzscheiben von Bussen und Autos, herrscht im Irak praktisch ein permanenter Wahlkampf. Saddam Hussein, der einzige Kandidat des heutigen Präsidentschaftsreferendums, ist schon seit Jahren auch ohne eine direkte Auseinandersetzung um seine Wiederwahl überall im Land und in allen Posen allgegenwärtig. Auch die in Bronze gegossenen oder in Stein gehauenen Statuen des Herrschers im Zweistromland demonstrieren überall seine Präsenz, wenn heute mehr als elf Millionen Stimmberechtigte aufgerufen sind, ihr Kreuzchen beim ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ neben dem 65-jährigen Saddam Hussein zu machen.

Das geliebte Schwertdes Irak

Sicherheitshalber sind in den letzten Wochen aber noch einige Transparente dazugekommen. Meist beginnen sie mit dem Wort „Ja!“ oder am besten gleich dreimal „Ja! Ja! Ja! zu Saddam Hussein!“. Daran schließen sich verschiedene Versionen an, beispielsweise „Möge Gott ihn erhalten“ oder „Er, das geliebte Schwert des Irak“.

Wichtigstes Wahlkampfthema ist diesmal natürlich der Konflikt mit der USA. „Antwortet durch eure Wahl auf die Lügen der US-Regierung“, heißt es, und selbstverständlich „weicht Saddam Hussein nicht gegenüber den Imperialisten zurück“. Auch in einem fast stündlich wiederkehrenden Fernsehspot wird noch einmal erklärt, dass „die amerikanischen Hoffnungen enttäuscht werden, wenn das irakische Volk seinem Führer erneut das Vertrauen ausspricht“. Die Mobilisierungsstrategie des irakischen Regimes lässt keine Zweifel: Wer es George W. zeigen will, der wählt Saddam.

Ghasi Hamud al-Ubeidi, der verantwortliche Wahlorganisator in den zentralen Provinzen des Irak, sieht in dem Referendum „eine ausgezeichnete demokratische Übung“. Und auch der schiitische Palementsabgeordnete aus dem Süden, Ali Hadi Schalal, bezeichnet das Ganze als erneute Bestätigung der zentralen Demokratie und einen weiteren Freudentag aller Iraker, der ihren Willen zum Kampf gegen den amerikanischen Imperialismus zum Ausdruck bringe.

Übrigens hat der Parlamentsabgeordnete eine interessante Interpretation, was für ihn eine eigene Meinung bedeutet. Auf die Frage, wie er persönlich denn über eine Rückkehr der UN-Waffeninspektoren denkt, antwortet er schlicht: Seine eigene Meinung decke sich stets mit der des Staates und dessen Regierung.

Bleibt nur noch zu erwähnen, dass Saddam Hussein beim letzten Referendum vor sieben Jahren mit stolzen 99,96 Prozent im Amt des irakischen Präsidenten bestätigt worden war und Ähnliches wohl auch diesmal ins Haus steht. Vielleicht wäre es auch noch wert anzumerken, dass derartige präsidiale Huldigungsverfahren in allen arabischen Ländern, auch denen, die die USA zu ihren wertvollen Verbündeten zählt, gang und gäbe sind.

Eine Botschaft an den Rest der Welt

Auch der verstorbene ägyptische Präsident Anwar as-Sadat ließ sich die Loyalität seines Volkes immer im pharaonischen 99er Bereich bestätigen. Im Westen hat sich da kaum jemand darüber aufgeregt, schließlich war Sadat der erste arabische Staatschef, der einen Friedensvertrag mit seinem israelischen Nachbarn unterzeichnet hatte.

Dessen Nachfolger, der heutige ägyptische Präsident Husni Mubarak, ist dagegen im Rahmen der demokratischen Erneuerung seines Landes in den letzten Jahren ein paar Prozentpunkte bis in den mittleren 90er Bereich nach unten gerutscht.

Präsidiale Referendumsübungen, wie jetzt im Irak, haben natürlich wenig mit tatsächlichen demokratischen Gepflogenheiten einer freien Wahl gemein. Und doch lassen sich daraus Rückschlüsse auf gesellschaftliche und politische Realitäten des Landes ziehen. Die pure Tatsache, dass trotz des enormen Drucks von außen, trotz UN-Sanktionen, Kriegsdrohung und Bombardierungen in der nördlichen und südlichen Flugsverbotszone derartiges ungestört im Irak veranstaltet werden kann, zeigt, dass Saddam Hussein fest im Sattel sitzt und dessen System aus Günstlingswirtschaft und Sicherheitsapparaten zwischen Euphrat und Tigris immer noch gut funktioniert. Das ist wohl der wirkliche Zweck der Übung. Die Botschaft an den Rest der Welt ist klar: Wer seine Macht derartig absolut inszenieren kann, dessen Sturz von innen heraus steht vorerst wohl nicht in den Karten.