Tiger-Wigg, der Raketenmann

In Bad Wörishofen hat ein Hobby-Erfinder ein wahrlich einmaliges Auto ausgetüftelt

Die Chancen auf einen regulären Fahrzeugbrief stehen gar nicht mehr so schlecht

„Das kenne ich doch, den habe ich doch schon mal gesehen“, ist der erste Eindruck, wenn man vor Wigg Städeles F 2000 steht. Dabei kann das gar nicht sein, denn der F 2000 ist ein Prototyp eines extrem sparsamen Autos, das der Messerschmidt-Kabinenroller-Erfinder Fritz Fend schon vor fünfzehn Jahren konstruiert hat, das aber nie in Serie gebaut wurde.

Fritz Fend ist inzwischen gestorben und das kuriose Auto steht in Bad Wörishofen bei einem Tüftler auf dem Hof, der es noch in diesem Jahr zur offiziellen Straßenzulassung bringen will. Der Tüftler heißt Wigg Städele, ist 55 Jahre alt und baut seit einigen Wochen eigens für das kuriose Auto eine kleine Werkstatt auf.

Kuriositäten auf Rädern haben es dem Kurheimbesitzer und leidenschaftlichen Musiker angetan, freilich nur dann, wenn er sie auch ganz offiziell benutzen darf. „Museumsstücke interessieren mich nicht, wenn ich die Straßenzulassung nicht bekomme, gebe ich ihn wieder her“, sagt der Bastler, der den F 2000 – das steht für Fend 2000 – eingetauscht hat gegen eine andere Rarität.

„Ich hatte den weltweit einzigen ‚Tiger‘, einen Kabinenroller, mit Anhängerkupplung und straßenzuglassenem Anhänger.“ Mit dem knallroten Auto und dem selbst gebauten Anhänger transportierte Wigg Städele seine Musikinstrumente zu den jeweiligen Auftrittsorten. Doch die „Tiger“-Zeiten sind, wie gesagt, vorbei. „Ich habe meinen ‚Tiger‘ samt Anhänger mit dem Werksmeister von Fritz Fend getauscht, der seinem Chef das Fahrzeug abgekauft hat“, erklärt der Liebhaber seltener Autokuriositäten. „Ich versuche jetzt, für dieses Zwischending aus Flugzeug und Auto eine Straßenzulassung zu bekommen!“

Dafür investiert Wigg Städele sehr viel. „Ich baue mir gerade eine eigene Werkstatt, habe die letzten sechs Wochen jede Nacht daran gearbeitet.“ Sein Jugendfreund Eugen Fenster und Sohn Thomas, gelernter Flugzeugmechaniker, helfen ihm dabei. Jede Menge Improvisationstalent ist gefordert. Denn die Straßenzulassung über den TÜV in München wollte einfach nicht so recht vorankommen, erzählt der Autotüftler aus dem Kneipp-Kurort. „Wissen S’, der F 2000 ist ja nicht nur ein Prototyp, sondern eigentlich sogar nur eine Machbarkeitsstudie. Die Blinker sind nur aufgeklebt, das Teil hatte zunächst gar keinen Rückwärtsgang. Aber ich habe mir eben in den Kopf gesetzt, das Auto offiziell zum Laufen zu bekommen. Bei einer Spezialfirma in Dortmund habe ich mir dann erst mal einen Rückwärtsgang einbauen lassen.“

Die Chancen auf einen regulären Fahrzeugbrief stehen gar nicht mehr so schlecht, denn durch einen Freund ist Wigg Städele auf den TÜV in Überlingen gestoßen und dort wurde ihm die Straßenzulassung unter bestimmten Auflagen in Aussicht gestellt. Am meisten schmerzt ihn die Begrenzung auf 120 km/h, denn ausgelegt ist der F 2000 als absolutes Benzinsparauto auf 190 Stundenkilometer, und bei dieser Geschwindigkeit würde die fahrende Zigarre gerade einmal 3,6 Liter Benzin brauchen. Aber es handelt sich eben um ein „Dreirad“, und so muss der Autofreak Städele die bittere Pille mit den abgeriegelten 120 km/h schlucken. Einen Vorteil hat das. Über Benzinkosten muss der stolze Besitzer nicht nachdenken.

Zurzeit ist das Gefährt mit einem 80-PS-Motorradmotor noch völlig übermotorisiert. Sobald aber das geplante 50-PS-Aggregat eingebaut ist, braucht das zigarrenförmige Auto, in dem man hintereinander sitzt, nicht mehr als 2 Liter Normalbenzin.

Schmunzeln musste Tüftler Wigg Städele, den sie in der Kleinstadt wegen der kuriosen Form seiner Errungenschaft „Raketen-Wigg“ nennen, als er vor kurzem den scheidenden VW-Chef Piëch samt Nachfolger im viel gepriesenen 1-L-VW über die Bildschirme flimmern sah. Zu groß die Ähnlichkeit mit seinem F 2000, als dass er nicht an den Erfinder Fend denken musste, dessen revolutionäres Benzinspargefährt jahrelang keinen Menschen interessierte. Er jedoch wird durch seine Fahrten dem – wie er meint – genialen Konstrukteur Fend so etwas wie ein bleibendes und vor allem fahrendes Denkmal setzen und dabei ebenso viel Spaß haben, wie er Aufmerksamkeit von erstaunten Passanten ernten wird.

KLAUS WITTMANN