Zandtke auf Stadion buchen

Vor dem Untersuchungsausschuss Immobilien waren gestern die kleinen Handwerker geladen, die ihre Zandtke-Rechnungen auf Weser-Stadion buchen mussten und sich daran kaum erinnern wollten

„Wir als kleine Unternehmer sind von den Großen abhängig“, bekannte der Bauunternehmer Eckhard Kauertz gestern vor dem Untersuchungsausschuss. Schuld daran sei die Praxis, die auch bei öffentlichen Bauaufträgen in Bremen verbreitet sei, nämlich Bauaufträge an Generalunternehmer zu vergeben – eben die Großen. Da hätten die Kleinen keine Chance, mitzubieten. Folge: „Der Große kann mit uns Kleinen machen, was er will.“

Fünf solcher kleinen Unternehmer waren gestern als Zeugen vor dem Untersuchungsausschuss geladen, fünf, die das Glück gehabt hatten, von Zechbau als Subunternehmer für öffentliche Bauvorhaben engagiert worden zu sein – und die es sich sicherlich nicht verscherzen wollen mit dem Baulöwen.

Die Folgen der Abhängigkeit waren da mit Händen zu greifen – pure Gedächtnisschwäche hinsichtlich der Frage nach Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung.

Einzig der Unternehmer Burkhard Büssing hatte eine klare Erinnerung: Als er seine Rechnung für Bauarbeiten im Privathause des Bau-Abteilungsleiters Gottfried Zandtke geschrieben hatte, bekam er 1996 einen Anruf des Zech-Bauleiters, er möge die Rechnung doch bitte umschreiben auf „Weserstadion – Ostkurve“. Büssing erklärte gestern, er habe das natürlich gemacht. Was er sich dabei gedacht habe? Vielleicht sei das ja „ein Projekt“ gewesen, das Privathaus des Beamten und die Ostkurve des Weserstadions. Vielleicht sollten ja Spielerwohnungen in der Mathildenstraße gebaut werden. Oder so.

Insgesamt eine Million Mark an Handwerkerrechnungen hat die Kripo bei Zechbau gefunden, die dem Umbau des Privathauses Zandtke zuzuschreiben sind. Die Kosten insgesamt müssen bei 1,3 Millionen Mark gelegen haben, die Zech-Rechnung an Zandtke aber nur bei500.000 Mark.

Aus dieser Differenz erklärt sich der Bedarf, Rechnungen auf die Ostkurve zu buchen. Dass sie derart doppelte Rechnungen schreiben mussten, daran erinnerten sich andere abhängige Unternehmer wie Arno Plaggemeier oder Uwe Windhorst überhaupt nicht. In nicht-öffentlicher Sitzung wurden ihnen dann die von der Kripo sichergestellten Schriftstücke vorgelegt – auch das aktivierte die Gedächtnis-Leistung der Unternehmer nicht.

Thema war gestern noch eine Sitzung eines SPD-Gesprächskreises Innenstadtentwicklung aus dem Jahre 1996, bei der nach der Erinnerung des Präsidenten der Architektenkammer, Wilfried Turk, der Bauunternehmer Kurt Zech freimütig erklärt hat, es gebe eine Koppelung zwischen dem Bauauftrag Polizeipräsidium Lettow-Vorbeck-Kaserne und dem Verkauf des alten Polizeihauses. Nach der europäischen Rechtslage gelten für derartige Projekte klare Rechtsvorschriften für eine öffentliche Ausschreibung, die lokalen Filz und „Koppelungen“ verhindern sollen. Gestern waren zwei Zeugen geladen, die damals auch dabei waren. Während Carlo Schreiber (SPD) rundweg bestritt, dass in dem Raum über Koppelgeschäfte gesprochen worden sei, erinnerte die Mitarbeiterin des Wirtschaftsressorts, Marianne Grewe-Wacker, anhand ihrer Notizen, dass der SPD-Politiker Schreiber von der Koppelung der beiden Vorhaben gesprochen und erklärt habe, die „Kröte“ müsse man schlucken, wenn man Zechbau motivieren wolle, das Risiko Polizeihaus zu übernehmen.

Unter anderem der Bauabteilungsleiter Zandtke hatte sich damals dafür eingesetzt, dass der lukrative Kasernen-Umbauauftrag ohne die rechtlich vorgeschriebene Ausschreibung Zechbau zugeschoben wird.

Klaus Wolschner