Indonesiens Wirtschaft unter Schock

Schon seit langem geht es im Inselreich wirtschaftlich bergab, der Anschlag auf Bali verschlimmert die Situation noch

BANGKOK taz ■ Indonesiens Wirtschaft kommen die Anschläge von Bali womöglich teuer zu stehen. Vier Tage nach den verheerenden Bombenattentaten hat Präsidentin Sukarnoputri Megawati gestern eine mehrtägige Kabinettssitzung einberufen, um über erste Maßnahmen für die heimische Industrie zu beraten und die Auswirkungen auf die Wirtschaft des Inselreiches zu erörtern. Konkrete Beschlüsse wurden bislang allerdings noch nicht bekannt.

Nach dem Bombenattentat schloss der indonesische Leitindex zu Beginn der Woche mit Kursverlusten von mehr als 10 Prozent, so tief wie seit vier Jahren nicht mehr. Die Landeswährung, die indonesische Rupiah, fiel im Verhältnis zum Dollar um 3,8 Prozent. „Die Ereignisse von Bali bestätigen, dass es in der Region terroristische Attacken gibt, und das beunruhigt die Investoren“, sagte Anthony Dass, Analyst bei SJ Securities. Zwar hat sich mittlerweile die indonesische Zentralbank eingeschaltet und am Markt interveniert. Die Bankexperten setzten Dollarreserven ein, um die heimische Währung zu stützen und das Zinsniveau anzuheben.

Doch bislang weigert sich das Finanzministerium hartnäckig, auf längere Sicht den Wechselkurs der Rupiah zum Dollar zu beeinflussen, der seit 1997 freigegeben ist. Denn dies würde die gesamte Kalkulation für den Staatshaushalt durcheinander bringen, heißt es aus Jakarta. Kurzfristige Interventionen könnten zwar helfen, den Markt kurzfristig wieder zu beruhigen, doch was langfristig geschehen werde, sei noch völlig offen.

Aber die langfristigen Auswirkungen der Bombenattentate von Bali sind noch längst nicht absehbar. Die „Insel der Götter“ galt bisher als Drehscheibe für den Tourismus. Jährlich verzeichnete Bali im Schnitt etwa 1,5 Millionen Touristen, das ist ein Drittel der Gesamtbesucher Indonesiens. Etwa acht Millionen Menschen arbeiten in der Tourismusbranche. Sie ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige, der einen großen Teil der Devisen für das ökonomisch angeschlagene Inselreich erwirtschaftet.

Allerdings sind ausländische Investoren schon lange wegen der politischen Lage im größten muslimischen Land der Erde verunsichert. Das Rechts- und Justizsystem ist fast durchweg marode, ethnisch und politisch motivierte Konflikte reißen nicht ab. Hinzu kommt, dass Indonesien die schwere Asienkrise von 1997/98 bis heute nicht verdaut hat. Wohl sind Arbeitskosten und Mindestlöhne gestiegen, aber dafür auch die Preise.

Noch immer sind schätzungsweise 60 der insgesamt 220 Millionen Einwohner des Landes ohne Arbeit – offiziell. Gerade erst hatte sich die Rupiah im Verhältnis zum US-Dollar bei 8.500 eingependelt, vor der Asienkrise stand sie bei etwa 2.500. Kurz nach dem ökonomischen Crash war sie bis auf 18.000 Rupiah pro Dollar gefallen. „Das ist für eine Volkswirtschaft wie ein Hammerschlag, damit blieb alles stehen“, sagt Jan Rönnfeld, stellvertretender Direktor der Deutsch-Indonesischen Handelskammer in Jakarta.

Zwar haben sich während der Asienkrise nur wenige deutsche Unternehmen zurückgezogen. Aber das dringend benötigte frische Kapital von außen ist seitdem auch kaum in das viertgrößte Land der Welt geflossen. Die Anschläge auf Bali dürften diesen Trend verstärken. „Der Anschlag wird sich auf das Investitionsklima auswirken, die Menschen werden sich zunehmend unsicher fühlen“, zitiert die Bloomberg-Agentur Malaysias Premier Mahathir Mohamad.

Nach den Anschlägen auf Bali hatten auch die Börsen in den Nachbarländern Malaysia und Thailand nachgegeben. Die Anschläge, so Kenneth Rogoff, Chefvolkswirt beim Internationalen Währungfonds, hätten der asiatischen Wirtschaft „geschadet“. Noch könne man nicht abschätzen, welche Folgen der Anschlag langfristig habe. Klar sei jedoch: Durch Terroranschläge wie den jüngsten auf Bali stiegen die Kosten für Versicherungen und Schutzmaßnahmen. Rogoff: „Wir bezahlen heimlich schon eine Terrorsteuer.“ NICOLA GRASS