Spürpanzer sollen in Kuwait bleiben

Angesichts des anhaltend kühlen deutsch-amerikanischen Verhältnisses rudert Verteidigungsminister Peter Struck zurück.Die Geräte werden nicht abgezogen – aber auch nicht eingesetzt. „Enduring Freedom“ soll im November verlängert werden

aus Berlin BETTINA GAUS

Die Spürpanzer der Bundeswehr sollen vorläufig in Kuwait stationiert bleiben. Das erklärte Verteidigungsminister Peter Struck gegenüber Journalisten. Ein Abzug der Geräte hätte nach Einschätzung der Bundesregierung in außenpolitischer Hinsicht „fatale Folgen“. Offiziellen Angaben zufolge sollen die Panzer amerikanische und kuwaitische Einrichtungen in Kuwait schützen. Struck: „Und dabei bleibt’s auch.“ Er bekräftigte somit, dass die Waffen nicht im Zusammenhang mit einem möglichen Militärangriff auf Bagdad eingesetzt werden sollten. Zugleich erklärte er jedoch im Gegensatz zu Äußerungen im Wahlkampf, dass die Panzer auch dann bleiben sollen, wenn es zu einem Krieg gegen den Irak kommt – es sei denn, Kuwait selbst werde von irakischer Seite angegriffen.

Die jüngsten Äußerungen des Verteidigungsministers sind vermutlich vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich das Verhältnis zwischen Washington und Berlin noch immer nicht entspannt zu haben scheint. Nach wie vor gibt es keinen Termin für eine Begegnung zwischen dem deutschen Politiker und seinem US-Amtskollegen Donald Rumsfeld. Struck kündigte zwar an, in den nächsten Monaten eine Reihe seiner Kollegen zu bilateralen Gesprächen treffen zu wollen, darunter den französischen und den britischen Verteidigungsminister. Außerdem sei für Anfang November ein Besuch bei der Nato geplant. Hinsichtlich eines Treffens mit Rumsfeld aber meinte er nur, eine Anfrage sei „eingeleitet“. Struck: „Eine Antwort haben wir allerdings nicht.“

Ungeachtet der transatlantischen Verstimmungen vollziehen sich die Planungen für militärische Auslandseinsätze entlang der mittlerweile fest etablierten Linien. Noch in diesem Monat soll das Mandat für die ausländischen Truppen in Mazedonien bis voraussichtlich 15. Dezember verlängert werden. Die Operation „Enduring Freedom“ wird voraussichtlich Mitte November vom Bundestag verlängert. Sie soll der Bekämpfung des internationalen Terrorismus gelten und umfasst neben den Spürpanzern in Kuwait den Einsatz deutscher Marineeinheiten im Indischen Ozean und deutscher Kampftruppen in Afghanistan. Mit Konflikten innerhalb der Koalition rechnet Struck nicht. Schließlich habe sich erwiesen, dass die Mandate „vernünftig“ seien. Der Bündnisfall soll übrigens so lange bestehen bleiben, „wie der Kampf gegen den internationalen Terrorismus besteht“.

Noch in diesem Jahr soll außerdem das deutsche Mandat für die UN-Operation Isaf verlängert werden, die eine Befriedung der Lage in Kabul zum Ziel hat. Vermutlich wird die Bundeswehr dort gemeinsam mit niederländischen Kollegen die Führungsrolle übernehmen. Struck betonte jedoch unmissverständlich, dass an eine territioriale oder zeitliche Erweiterung des Mandats – wie von Kabul und Washington gewünscht – nicht gedacht sei. Um Afghanistan in ähnlicher Weise wie den Balkan zu befrieden, so Struck, bräuchte man Nato-Schätzungen zufolge etwa 70.000 Soldaten. Niemand sei zu einer derartigen Operation willens oder fähig.

Aus Sicht des Verteidigungsministers gilt das sicherlich umso mehr, als er – im Gegensatz zu seinem Vorgänger – nicht behauptet, die Finanzierung der Bundeswehrreform sei gesichert. Im Gegenteil: Der Generalinspekteur hat nun den Auftrag, „alle“ Beschaffungsvorhaben auf den Prüfstand zu stellen. Struck distanzierte sich unmissverständlich von der Lesart, die Reform sei in trockenen Tüchern: „Das hat Scharping gesagt.“ Allerdings nicht nur Scharping, sondern auch die meisten Angehörigen der militärischen Führung. Dennoch betonte der Minister, er habe „hohes Vertrauen in die Loyalität und Kompetenz“ des Generalinspekteurs und der Inspekteure der Teilstreitkräfte. Peter Struck erwartet keine Aufstockung des Wehretats, geht aber auch nicht davon aus, dass „Kürzungen größerer Art“ erfolgen werden. Den Auftrag zur Überprüfung der Wehrpflicht versteht er als Anregung für eine „öffentliche Diskussion“, an deren Ende er einen Vorschlag für die nächste Legislaturperiode unterbreiten will. Bis zum 1. April 2003 sollen erst einmal neue „verteidigungspolitische Richtlinien“ erarbeitet werden – das erste Dokument dieser Art seit über zehn Jahren.