UNO erteilt USA eine Abfuhr

Die Generalversammlung in New York debattiert über den Irak. Eine große Mehrheit ist für den sofortigen Beginn der Inspektionen und lehnt die geforderte neue Resolution ab

GENF taz ■ Würde die Entscheidung über eine neue Irakresolution der UNO nicht im Sicherheitsrat, sondern in der Generalversammlung fallen, wäre das Ergebnis klar: zunächst sollen die Waffenkontrolleure der Unmovik auf Basis der bereits vorliegenden Resolutionen ihre Inspektionen im Irak beginnen. Und erst wenn sie bei der Arbeit behindert werden sollten, besteht Bedarf für eine neue Resolution. Das war der Tenor bei einer großen Mehrheit der 29 Redner, die am Mittwoch, dem ersten Tag der vom Sicherheitsrat veranstalteten öffentlichen Irakdebatte in New York, das Wort ergriffen. Vor Beginn der Debatte, die gestern fortgesetzt wurde, hatten über 100 der 191 UNO-Mitglieder eine Wortmeldung angekündigt.

Im Namen der 130 blockfreien Staaten, die die öffentliche Debatte beantragt hatten, kritisierte Südafrikas Botschafter Dumisani Kumalo den von den USA und Großbritanninen angedrohten Militäreinsatz gegen Irak als Verstoß gegen das Völkerrecht. „Es widerspräche Geist und Buchstaben der UNO-Charta, wenn der UNO-Sicherheitsrat die Anwendung militärischer Gewalt zu einem Zeitpunkt gestatten würde, zu dem Irak die Bereitschaft erklärt hat, die Resolutionen des Sicherheitsrates zu befolgen“, betonte Kumalo. Nur eine kleine Minderheit plädierte dafür, dass der Sicherheitsrat erst eine neue Resolution beschließt, bevor die Unmovik ihre Inspektionen beginnt.

Doch ob es zur Verabschiedung einer neuen Resolution kommt, ist offen. Die fünf ständigen Ratsmitglieder haben ihre Positionen in wesentlichen Punkten bislang nicht angenähert. Die USA und Großbritannien beharren auf einer Resolution, die verschärfte Regeln für die Inspektionen enthält wie die Androhung von und die Ermächtigung aller UNO-Mitglieder zu militärischen Maßnahmen, falls sich Bagdad auch nur in einem Punkt nicht an die Auflagen hält. Washington hat lediglich die Bereitschaft signalisiert, einige der ursprünglichen Forderungen für verschärfte Inspektionsregeln abzumildern oder fallen zu lassen.

Frankreich hingegen plädiert weiter für ein zweistufiges Verfahren. In einer ersten Resolution sollen zunächst nur verschärfte Regeln für Inspektionen beschlossen werden. Paris ist bereit, hierfür einige der amerikanisch-britischen Vorschläge zu übernehmen. Doch erst wenn Irak gegen diese Resolution verstößt, soll der Sicherheitsrat nach Vorstellung Frankreichs in einer zweiten Resolution weitergehende Maßnahmen beschließen. Russland und China unterstützen diese Position.

Angesichts dieser anhaltenden Differenzen wurde in New York nicht ausgeschlossen, dass die USA und Großbritannien ihren Entwurf noch in dieser Woche offiziell als Antrag in den Sicherheitsrat einbringen. Dann müsste zunächst über diesen Entwurf abgestimmt werden. Frankreich, Russland oder China könnten seine Annahme per Veto verhindern – falls sich überhaupt die erforderliche Mehrheit von mindestens neun Jastimmen abzeichnen sollte. Damit ist nach bisherigen informellen Meinungsäußerungen aus dem Kreis der zehn nichtständigen Ratsmitglieder nicht zu rechnen. ANDREAS ZUMACH