Swissmade

Design aus der Schweiz? Da fallen einem das Schweizer Offiziersmesser (1897) ein und Uhren von der Rolex bis zur Swatch. Doch wenn es um Namen berühmter Gestalter geht, wird das Alltagswissen eng. War nicht Max Bill Schweizer, der Bauhausschüler und spätere Rektor der Ulmer Schule? Oder Charles-Édouard Jeanneret-Gris, besser bekannt als Le Corbusier? Waren sie! Auch wenn sie nicht permanent in der Schweiz tätig waren.

Selbstredend haben Schweizer Entwerfer Herrliches und Löbliches hervorgebracht. Davon konnte man sich im vorigen Jahr auf der Ausstellung „Swissmade“ überzeugen, die parallel zur Kölner Möbelmesse im dortigen Museum für Angewandte Kunst (Katalog im Verlag Hochparterre Zürich) gezeigt wurde und in der neben aktuellen eidgenössischen Trends auch anonyme Evergreens wie der Sparschäler „Rex“ von 1947 und der Reißverschluss „Riri“ von 1924 zu sehen waren.

Dass schweizerische Produkte das Zeug zum Klassiker haben, sprach sich bereits im Berlin des 19. Jahrhunderts herum, als Prinz Carl von Preußen nahe dem Schloss Glienicke ein knappes Dutzend so genannter Schweizerhäuser bauen ließ. Die Proportionen dieser Holzhäuser mit ihren überkragenden Dächern und den umlaufenden offenen Galerien wurden als denen der Antike ebenbürtig erachtet. Schweizer Perfektion eben.

Eine eigenständige Handschrift, wie sie etwa dem skandinavischen Design in der Nachkriegszeit gelang, verbindet man bislang kaum mit dem Label „Swiss made“. Was nicht zuletzt mit der Quellenlage zu tun haben mag. Zwar gab es Publikationen wie etwa den Band „Wege zur ‚Guten Form‘. Beiträge zur Geschichte der Schweizer Produktgestaltung“ (Basel 1995, Birkhäuser, vergriffen), in denen vor allem die transitorische Rolle der Schweiz zwischen Bauhaus- und Nachkriegsmoderne gewürdigt wurde. Die maßstabsetzende Gesamtdarstellung für den Bereich des Interior Designs liegt jedoch erst seit kurzem vor: „Schweizer Möbel und Interieurs im 20. Jahrhundert“, herausgegeben von Arthur Rüegg (Birkhäuser, Basel 2002, 456 Seiten, 68 Euro).

Ursprünglich als Veröffentlichung zur Schweizer Expo geplant, ist das Buch nach vielen Querelen nun das Produkt der eigens gegründeten Stiftung Good Goods. Zum Glück steht die Akzentverschiebung von der „Guten Form“ zur „Guten Ware“ nicht für den Abschied von der Formel „Form follows function“. Postmodern-Abstruses? Fehlanzeige, doch nicht in der Schweiz! Besonders benutzerfreundlich ist der sechzigseitige Produktkatalog mit schönen Dingen wie dem Beistelltisch „Servi“ (1950), dem Duschvorhang „Laura“ (1975) oder dem begehbaren Rundregal „Bibliothek“ von 1993.

Tiefer gehende Informationen bieten die Epochenüberblicke mit ihren je zweiseitig dargestellten Möbelbeispielen. So erfährt man etwa, dass der vom Büro Le Corbusiers entwickelte – und deutschen Fernsehzuschauern aus dem „Literarischen Quartett“ vertraute – geradwandige Sessel „Grand Confort“ in seiner Ursprungsvariante von 1928 über „Stoßdämpfer“ verfügte, also bei Benutzung sein Hinterteil absenkte. RKR