Guter Rat wird teurer

Der Senat will die Schuldnerberatung gemeinnützigen Trägern wie der Verbraucher-Zentrale und dem Diakonischen Werk überlassen. Darunter kann die Qualität der Beratung leiden

von LENA EKELUND

In Reinhard Bindemanns Beratung in der Verbraucher-Zentrale kommen die, die vor Schulden nicht mehr weiterwissen. Gescheiterte Selbständige zum Beispiel. Oft sind es Frauen, die ihrem kreditunwürdigen Ehemann Geld geliehen haben und sich plötzlich mit einem Schuldenberg allein wiederfinden, weil der Gatte mit sämtlichen Unterlagen spurlos verschwunden ist.

65.000 Schuldner gibt es in Hamburg. Auf eine Beratung warten sie durchschnittlich 214 Tage. Die aber bietet oft die einzige Chance, Klarheit über den Umfang der Schulden zu bekommen und sich letztendlich durch ein privates Insolvenzverfahren von diesen zu befreien. Angesichts der wachsenden Schuldnerzahlen ist für Bindemann klar: Die Insolvenzberatungen brauchen mehr als die 3 Millionen Euro jährlich, die zur Zeit aufgewendet werden. „Zunächst“ soll das auch nicht weniger werden, versichert Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU). Aber der Senat plant die Streichung der Beratungsstellen in den Bezirken und die Übertragung auf private Träger.

Der Leiter der Insolvenzberatung des Diakonischen Werkes, Peter Ogon, hört in diesem Zusammenhang das Wort „Privatisierung“ nicht gern, denn „wir sind nicht profitorientiert“. Auch der Geschäftsführer der Verbraucher-Zentrale Günter Hörmann äußert sich zurückhaltend: Der Senat wolle immer mehr staatliche Aufgaben an private Träger delegieren, „ob das nun gut oder schlecht ist, darüber kann man streiten“.

Die Vorteile der privaten Träger lägen aber auf der Hand: Sie seien flexibler und würden von den Schuldnern als „unparteiischer empfunden, besonders wenn der Staat gleichzeitig der Gläubiger ist“.

Das Diakonische Werk hat zur Zeit vier Beraterstellen, zwei sind staatlich finanziert, zwei über Spenden. Wieviele Fälle ab 2003 zusätzlich bearbeitet werden müssen und ob es dafür dann weitere staatlich finanzierte Stellen geben wird – Ogon weiß es nicht. „Für jeden Fall, den wir bearbeiten, würden wir eine Fallpauschale vom zuständigen Sozialamt erhalten.“

Dies bedeutet auch, „dass wir in Zukunft sieben Financiers haben, statt einen wie bisher“, stellt Hörmann fest. Er sei „skeptisch, ob das so gut funktioniert“. Auch ist unsicher, wie ein dezentrales Angebot aufrechterhalten werden soll, wenn die Bezirke als Anlaufstellen nicht mehr zur Verfügung stehen: Verbraucher-Zentrale und Diakonisches Werk sind schließlich nicht in jedem Bezirk vertreten.

Zudem könnte es passieren, dass Schuldner, die nicht sozialhilfeberechtigt sind, trotz ihrer hohen Schulden für die Beratung zur Kasse gebeten werden. In Bremen kostet das pro Fall 1000 Euro. „Allerdings entfallen zumindest die Prozesskosten für das Insolvenzverfahren, die der Schuldner vorher selber zahlen musste, wenn ihm keine Prozesskostenhilfe gewährt wurde“, erklärt Hörmann.

Eins weiß Ogon jedenfalls genau: „Die große Kraftanstrengung, die eine Übernahme der gesamten Beratung duch gemeinnützige Träger erfordert, liegt allein bei uns.“ Und die Leidtragenden sind allemal die Schuldner.