Langstreckenlauf mit leerem Magen

Schill-Abgeordnete protestiert gegen Rücksichtnahme auf muslimische SchülerInnen während des Fastenmonats Ramadan. Auch für das muslimische Zuckerfest solle es keine Sonderregelung geben. SPD warnt vor Schaden für die Integration

von ELKE SPANNER

Die Bitte klingt bescheiden: LehrerInnen, so die Empfehlung der Schulbehörde in einem Schreiben an alle SchulleiterInnen, sollten etwas Rücksicht auf die muslimischen SchülerInnen nehmen, die sich am Ramadan beteiligen und fasten. Diese Selbstverständlichkeit aber rief die schulpolitische Sprecherin der Schill-Fraktion, Katrin Freund, auf den Plan: Sie wittert eine Benachteiligung der nicht-muslimischen SchülerInnen.

Ramadan beginnt dieses Jahr am 6. November und endet am 5. Dezember. In dieser Zeit fasten gläubige Muslime, was bedeutet, dass sie zwischen Sonnenauf- und -untergang nicht essen und trinken dürfen. Beendet wird der religiöse Fastenmonat dann mit dem dreitägigen Zucker-Fest.

Die Schulbehörde bat nun die LehrerInnen zu bedenken, dass die jungen MuslimInnen während des Ramadan möglicherweise nicht so belastbar seien wie sonst. Das sollte zum Beispiel im Sportunterricht berücksichtigt werden. Die Behörde regte auch an, Klassenarbeiten und Klausuren möglichst nicht auf die drei Feiertage des Zucker-Festes zu legen. Muslimische SchülerInnen erhalten dafür ohnehin auf Wunsch einen Tag frei, und sie sollten auch nicht durch Klausuren daran gehindert werden, am Fest teilzuhaben.

Freund jedoch hat dafür kein Verständnis. Im Hamburger Schulsport werde ohnehin niemand „bis an die Grenze des Zusammenbruchs unterrichtet“, unabhängig davon, ob die Kinder „zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang etwas essen oder nicht“. Man habe gerade die dritte Sportstunde gegen die Bewegungsarmut der Kinder eingeführt, insoweit sei die behördliche Anregung „kontraproduktiv“.

Auch dass an den drei islamischen Feiertagen keine Klausuren geschrieben werden sollen, kann die schulpolitische Sprecherin der Schill-Fraktion nicht nachvollziehen. Zumal „christliche Feiertage“, wie sie sich beschwert, „sowohl in Hamburg als auch im Schreiben des Fachreferates keine Erwähnung finden“. An den nichtgesetzlichen christlichen Feiertagen würden schließlich auch Klassenarbeiten geschrieben, „ohne dass es zu unberechtigten Protesten kommt“.

Sehr berechtigt findet die Anregung der Schulbehörde hingegen die SPD-Fraktion. Sie hat die Hamburger SchulleiterInnen dazu aufgerufen, weiterhin Rücksicht auf muslimische SchülerInnen im Fastenmonat zu nehmen. „Es geht um Fürsorge und Integration“, erinnert die migrationspolitische Sprecherin Aydan Özoguz. „Muslimische Familien müssen weiterhin da- rauf rechnen können, dass in der Schule Rücksicht auf diese Besonderheiten genommen wird.“ Sonst würden sie in Zukunft ihre Kinder auf muslimische Schulen schicken müssen – „und das bedeutet das Gegenteil von Integration“.

Im Übrigen, so Özoguz weiter, sei der Ramadan eine gute Gelegenheit für die Schulen, sich auch im Unterricht mit religiösen Bräuchen zu beschäftigen. „Zur Integration gehört immer, dass man etwas voneinander weiß.“