Wladimir lobt Fritz

Das Schachduell zwischen Computer Deep Fritz und Weltmeister Wladimir Kramnik endet remis

BERLIN taz ■ „Ich fühle mich wie ausgepumpt“, gestand Schach-Weltmeister Wladimir Kramnik. Der Mensch hatte schlecht geschlafen und war nach einem anstrengenden zweiwöchigen Wettkampf gegen den Computer der Anspannung kaum mehr gewachsen. Die Programmierer von Deep Fritz wollten auch nichts mehr riskieren, nachdem ihr Geisteskind den 0,5:2,5-Rückstand im sechsten Duell ausgeglichen hatte. Wie der siebte Vergleich endete auch die acht Partie am Samstag mit einem müden Remis in 21 Zügen. Der Endstand von 4:4 bewahrt die „Ehre der Menschheit“, freut den Hersteller des Computer-Weltranglistenersten, die Hamburger Firma Chessbase –und bereitete den Boden für eine Revanche.

Das Unentschieden beschert Kramnik 800.000 Dollar Preisgeld. Die 200.000 Dollar für Deep Fritz spendet Chessbase der Stiftung Europäisches Jugendschach, die Schul- und Kinderschachprojekte fördert. Lehrreich war das Match für beide Seiten. Die Programmierer Frans Morsch, Alex Kure und Mathias Feist änderten nach dem verpatzten Start mit zwei Niederlagen und zwei Remis die Bewertungsparameter von Deep Fritz. Fortan vermied das Elektronenhirn den Abtausch der Dame, der stärksten und gefährlichsten Figur auf dem Brett. Der Weltmeister zeigte sich auch ansonsten „angetan von den rasanten Fortschritten“ seines Kontrahenten: „Dass der Computer alles genau berechnet, war klar. Deep Fritz agierte indes auch positionell sehr gut und spielte menschliche Züge!“

Zum Verhängnis wurde dem 27-Jährigen eine besondere Kunst des Elektronenhirns. „Der Rechner verteidigt sich perfekt“, weiß der Großmeister seit der sechsten Partie. Kramnik hatte in dieser einen fulminanten Angriff eingeleitet, den Deep Fritz in genialer Manier abschlug. Der Gegner aus Fleisch und Blut streckte daraufhin mit einem geschlagenen Springer die Waffen – und ärgerte sich später, weil er ähnliche Qualitäten vermissen ließ. Erzrivale Kasparow hatte in einer Analyse nachgewiesen, dass Kramnik mit der Aufgabe einen halben Punkt verschenkte. Mit einem undurchdringlichen Verteidigungswall hätte sein Landsmann ein Remis sichern können.

Wann wird der Mensch der Maschine endgültig unterliegen? Frederic Friedel, einer der Chessbase-Eigentümer, kündigt an: „In ein paar Jahren wird es soweit sein. Deep Fritz ist ein Taktikmonster und wird die Menschen unter ständigen Angriffsdruck setzen. Die nächste Generation von Fritz wird enorm von diesem Wettkampf profitieren.“ Kramnik zeigte sich optimistischer, was die Chancen seiner Spezies anlangt. „Ich glaube, dass noch einige Jahre ins Land ziehen werden, bevor wir die Computer nicht mehr schlagen können. Ich bin zwar zufrieden mit dem Niveau meines Spiels, aber leider reichte es nur zu einem Unentschieden“, referierte der Schach-Weltmeister und blickte nach vorn: „Ich hoffe, dass ich mich beim nächsten Mal durchsetze.“

Einen guten Ratschlag dafür hatten die Klitschkos parat. Die ukrainischen Boxer weilten zu einer Stippvisite in der Hamburger Chessbase-Zentrale. Vitali Klitschko trat am Tag vor der achten Partie via Server gegen Deep Fritz in Bahrain an. Der passionierte Hobbyspieler ging zwar wie zu Hause gegen die käufliche Version K.o., der Bruder von „Dr. Faust“ gab aber eine aussichtsreiche Taktik für den nächsten Zweikampf aus: „Ich glaube nicht, dass wir den Rechner müde machen können. Ich kann ihn höchstens kaputt machen.“ HARTMUT METZ