Bahn bremst für Autofahrer

Im Dezember beginnen die Arbeiten für den geplanten Südbahnhof Papestraße. Bahn realisiert Verkehrsbauwerk, sucht aber noch einen Investor für die beiden Parkdecks, weil die Millionen fehlen. Behinderungen über Jahre möglich

Hartmut Mehdorn ist derzeit nicht zu stoppen: In der vergangenen Woche stellte der oberste Eisenbahner das neue Preiskonzept für Zugreisende vor. Am Montag beschlossen der Bund und die Bahn AG die Finanzvereinbarungen für den 638 Millionen Euro teuren Ausbau der Schnellbahntrasse von Berlin nach Hamburg. Und im Dezember soll der Startschuss – mit den Bauarbeiten für die Ringbahn – zur Errichtung des Südbahnhofs Papestraße fallen. Bis 2006 will dort die Bahn „nach dem Lehrter Bahnhof das zweitwichtigste Verkehrsbauwerk betriebsfertig haben“, sagte Michael Baufeld, Projektleiter für den Bahnhof Papestraße zur taz.

Danach können Reisende auf zwei Bahnsteigen für Regional- und ICE-Züge in Richtung Leipzig den so genannten Umsteige- und „Autofahrerbahnhof“ nutzen. Über der Nord-Süd-Trasse wird sich in Ost-West-Richtung eine große, 150 Meter lange und rund 30 Meter breite Halle erheben, die dem Lauf der Ringbahn folgt. Außerdem sollen kurze Wege die unterschiedlichen Niveaus zwischen der oberen S- sowie Ring- und tiefer gelegten Fernbahn verbinden. Offen ist, ob das dritte Fernbahngleis – für die „Dresdner Bahn“ – gebaut werden kann. Und offen bleibt auch, so Baufeld, wer die beiden riesigen Parkhäuser, die dem Haltepunkt den Spitznamen gaben, realisiert. Für die beiden mehrstöckigen Parkdecks nördlich und südlich der Bahnhofshalle sucht die Bahn nach einem Investor.

Die Bahn AG, so Baufeld, wolle „nur das Verkehrsbauwerk“ für 115 Millionen Euro fertigstellen. „Der Bahnhof ist dann umsteigefähig.“ In alle weiteren Baumaßnahmen – eben jene Parkhäuser, die Reisende von der Autofahrt durch die Innenstadt zum Lehrter Bahnhof abhalten sollen – könne die Bahn nicht investieren. „Dazu fehlen die Mittel“, so der Projektleiter. Auch an einen vorfinanzierten Bau, der nach Fertigstellung verkauft oder verpachtet würde, sei nicht gedacht.

Baufeld räumte ein, dass es für die erwarteten circa 120.000 Fahrgäste auch nach 2006 noch über Jahre zu Behinderungen durch Baumaßnahmen kommen werde. Das gesplittete Projekt – erst der Bahnhof und dann die Parkdecks – zögen solche Folgen nach sich.

Der Neubau des Bahnhofs Papestraße war im Jahr 2000 von Mehdorn in Folge von Sparauflagen bei der Bahn abgebremst worden. Ein 1995 vorgelegter Architektenentwurf, den Max Dudler präsentiert hatte, wurde auf Eis gelegt. Alle Mittel wurden in Berlin hauptsächlich in den Fortgang des neuen Lehrter Zentralbahnhofs gesteckt. Im Mai 2002 entschied der Bahnvorstand mit dem Büro JSK, das Verkehrsbauwerk an der Papestraße doch umzusetzen, da sich die Eisenbahner dort Zuwächse aus der südlichen Region um die Hauptstadt versprechen.

Kritik an dem Bahnhofsprojekt, dem zudem der alte denkmalwerte S-Bahnhof aus dem Jahr 1901 zum Opfer fällt, äußerten auch Verkehrsplaner wie die Bürgerinitiative Westtangente. Statt mit dem öffentlichen Personennahverkehr würde der „Autofahrerbahnhof“ die PKW-Kolonnen aus dem Umland in die Stadt ziehen. ROLA