Sandwich zahlt

Bundesgerichtshof verhandelt heute, wie viel alte Kinder für ihre noch älteren Eltern in Heimen zahlen müssen

KARLSRUHE dpa/taz ■ Eltern haften für ihre Kinder – der Grundsatz gilt, solange die noch jung sind. Sind die Kinder aber 40, 50 oder 60 Jahre alt und die Eltern um die 80, dann kehrt sich diese Regel nicht selten um: Wenn die Eltern ins Pflegeheim müssen und Rente oder Vermögen die teilweise enormen Kosten nicht mehr abdecken, dann müssen die Kinder einspringen – sie sind ihren Eltern zum Unterhalt verpflichtet. Heute beschäftigt sich der Bundesgerichtshof mit diesen Vorschriften.

Der Fall zeigt, dass es um viel Geld geht. Die Eltern des Betroffenen, der inzwischen selbst Rentner ist, wurden 1990 in einem Altenheim untergebracht. 1995 waren ihre Ersparnisse aufgebraucht, der Landkreis Mainz-Bingen zahlte Sozialhilfe, bis beide Eltern 1996 starben. Daraufhin bat das Sozialamt den Sohn zur Kasse: Weil der Anspruch auf Elternunterhalt gesetzlich auf den Staat übergeht, forderte die Behörde fast 43.000 Euro. Der Sohn ist zwar bereit zu zahlen, doch erreichte ihn die Rechnung erst zwei Jahre später. Dagegen klagt er nun.

Auch wenn dieser Fall sich zunächst eher mit dem Randaspekt der Rechnungslegung beschäftigt, sind beim BGH inzwischen mehr als ein Dutzend ähnlicher Klagen anhängig. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass ein Grundsatzurteil ansteht.

Das Thema Elternunterhalt wird in der Fachwelt längst heftig diskutiert. Der Deutsche Juristentag forderte vor einigen Wochen in Berlin, die Kinder etwas schonender zu behandeln. Denn immerhin zahlen die 40- bis 60-Jährigen ja bereits in die Sozialkassen ein und leisten so einen erheblichen Beitrag zur Generationensolidarität. Außerdem müssen sie für Unterhalt und Ausbildung der eigenen Kinder aufkommen – nicht selten bis weit ins Erwachsenenalter. Soziologen sprechen deshalb von der „Sandwich-Generation“, die eingeklemmt sei zwischen den Ansprüchen von Kindern und Eltern.

Freilich gilt nach der Rechtsprechung des BGH schon jetzt, dass etwa ein Einfamilienhaus nicht versilbert werden muss, um die Heimrechnung der Eltern zu begleichen. Mit der im kommenden Jahr geltenden Grundsicherung für ältere Menschen wird die Rückgriffsmöglichkeit der Sozialbehörden weiter eingeschränkt. UH

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