in fußballland
: CHRISTOPH BIERMANN über Herrn Beckham

Davids Attitüde

Christoph Biermann, 41, liebt Fußball und schreibt darüber

Es ist weitgehend unstrittig, dass David Beckham zu den besten Fußballspielern der Welt gehört und ziemlich gut aussieht. Offensichtlich liebt er seine Frau und seine Kinder, wie er sympathisch und immer noch ein wenig schüchtern einräumt. Das behaupten jedenfalls alle, die ihn mal getroffen haben.

Kompliziert wird Beckhams öffentliches Bild jedoch bereits dadurch, dass seine Frau nicht irgendein Girl next door ist, sondern das Girl next door einer ganzen Generation. Victoria Beckham sang bekanntlich früher bei den Spice Girls und lebt mit ihrem Mann heute in einem Anwesen, das in englischer Sehnsucht nach Königtum „Beckingham Castle“ genannt wird. Victoria hat David zum Geburtstag einen Bentley „Arnage T“ geschenkt, den er anschließend von 270 km/h auf 200 drosseln ließ. Sie schickte ihrem Mann zur WM auch einen Starfriseur nach Japan hinterher, um die Haare wieder herzurichten. Denn Victoria weiß, dass David ein besonderes Verhältnis zu Frisuren hat. Wenige Minuten nach der Entbindung des ersten Kindes bat er sie, ihm die Haare zu machen, damit er die Geburt vor der Presse verkünden konnte. Die Geschichte ist ihm ziemlich peinlich.

David Beckham hört gerne HipHop, liebt schicke Mode und hat sich auch schon im Sarong fotografieren lassen. Darunter trug er den Slip seiner Frau. Im Sommer war er der erste Mann auf dem Titelbild von Marie-Claire und erzählte dort, dass er zwar nicht tanzen könne, aber im Bett ein Tier sei. Ungefähr zur gleichen Zeit war er auf dem Cover des englischen Schwulenmagazins Attitude und ließ sich in Posen fotografieren, die sich nicht von denen anderer Männer im Heft unterschieden. „To dye for Beckham“ hieß die Schlagzeile, die mit der Doppelbedeutung des Anschmachtens des schönen Mannes und seinen frisch blondierten Haaren spielte. Im Interview erklärte er, dass er viele männliche Verehrer hätte und das gut finden würde.

„Er ist auf dem besten Weg vom Fußballer zur Lady, wenn ich mir seine lackierten Fingernägel anschaue“, sagte Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzender des FC Bayern ist und klare Vorstellungen von Männlichkeit hat. Es gibt nicht wenige, die David Beckham sowieso für kickenden Kulturverfall halten. „Auf der letzten Entwicklungsstufe der gnadenlos vorangetriebenen Kommerzialisierung des Fußballs steht dessen Verpoppung“, tobt die Neue Zürcher Zeitung und denkt dabei selbstverständlich zuerst an den Mann von Posh Spice. Verdächtig macht es ihn auch, dass er sich nicht nur mit Fußball, sondern auch mit Werbeverträgen dumm und dämlich verdient. Auf gut 20 Millionen Euro im Jahr kommt Beckham insgesamt.

Als die englische Nationalmannschaft kürzlich in Bratislava in der Slowakei spielte, beschwerte sich hinterher der slowakische Mannschaftskapitän Miroslav Karhan vom VfL Wolfsburg, dass Beckham eine „Heulsuse“ sei, weil er auf den Platz zwar austeilen, aber nicht einstecken könne. Mag sein, dass sich Beckham nicht makellos verhielt.

Aber irgendwie passte es, das Maulen über ihn aus einem traurigen Winkel Osteuropas zu hören, wo die Zuschauer jede Ballberührung von Englands schwarzen Fußballspielern mit Affengeräuschen begleiteten.

Amrit und Rabindra Singh hingegen malten Beckham als Hindu-Gott Shiva. Auf ihrem Bild sitzt er vierarmig und gekrönt auf einem goldenen Thron, der auf Stößen von Boulevardblättern ruht, zusammen mit Ehefrau Victoria als Berggöttin Parvati und Sohn Brooklyn als Ganesh.

Die beiden naiven Künstler gehören der Glaubensrichtung der Sikhs an und haben die Beckhams als ideale Familie gemalt, die von allen Seiten Geschenke erhält, weil sie „Persönlichkeiten sind, denen die Menschen so nacheifern wie den Göttern in der hinduistischen Religion“.

In dem Film „Kick it like Beckham“ ist der Mann mit der Nummer 7 auf dem Trikot das Vorbild einer jungen Fußballspielerin aus der indischen Community in England. Das ist zweifellos kein Zufall. Ein Streifen mit dem Titel „Tritt zu wie Roy Keane“ wäre ein ganz anderer, ziemlich trauriger Film geworden. „Auf ihn können die Männer stolz sein – und zwar alle“, hatte das Schwulenmagazin Attitude geschrieben.

Besser kann man es wohl nicht sagen.