Klabautermann an Bord

Mit dem 1 : 1 gegen Eindhoven verpasst Borussia Dortmund wegen schludriger Chancenverwertung die Gelegenheit, sich den Weg in die Zwischenrunde der Champions League zu bahnen

„Die Lage wird sehr unangenehm, wenn wir nächste Woche verlieren“

aus Dortmund ULRICH HESSE-LICHTENBERGER

Eigentlich hatte Borussia Dortmund die zweite Gruppenphase der Champions League schon vor zwei Monaten erreicht. Da scheiterte nämlich der portugiesische Vertreter Boavista Porto in der Qualifikationsrunde. Diesen Klub fürchten die Borussen wie Seefahrer den Klabautermann, seit er 1999 und 2001 dafür gesorgt hat, dass die Dortmunder in Sichtweite des sicheren Hafens noch die Segel streichen mussten. Ein ganz anderes Verhältnis hingegen hat man in Westfalen zum AJ Auxerre, weil er die Borussia schon zweimal auf Kurs in ein europäisches Finale gebracht hat.

Als nun ausgerechnet diese Franzosen es waren, die Ende August Porto ausschalteten und sie dann auch noch in eine Gruppe mit dem BVB gelost wurden, da schien man sich in Dortmund vor guten Omen kaum noch retten zu können. Und tatsächlich lief die Champions League auch bis zum Dienstagabend nach Plan für die Borussia. Allerdings nur bis 21.30 Uhr. Da pfiff der (portugiesische) Schiedsrichter Cortiz Batista zur Halbzeit, und in Dortmund musste man lernen, dass der berühmte Sinnspruch der BVB-Legende Adi Preißler – „Entscheidend is auffem Platz“ – eines Zusatzes bedarf: „Und manchmal auch inne Kabine.“

Um 21.30 Uhr führte Dortmund nämlich durch Jan Kollers Kopfballtreffer (10.) gegen den PSV Eindhoven und konnte guten Mutes sein, zusammen mit Arsenal London die Gruppe schon fast überstanden zu haben. Eindhovens Trainer Guus Hiddink sagte später, sein Team hätte zu diesem Zeitpunkt „noch ein oder zwei Tore höher zurückliegen können“, und meinte damit vor allem die Phase zwischen der 30. und 45. Minute.

In dieser Viertelstunde erspielte sich der BVB sechs gute Chancen, fast alle über die rechte Seite eingeleitet und von den flinken Evanilson, Reuter und Ewerthon vorbereitet. Ein zweites, vorentscheidendes Tor wollte den Dortmundern aber nicht gelingen, und so ging man nur mit einem 1:0 in die Kabine. Dort erfuhren beide Teams, dass Auxerre überraschend in London führte.

Hiddink hatte noch am Tag vor der Partie betont, dass sein Team „realistisch gesehen“ in erster Linie mit den Franzosen um den 3. Platz und damit die Teilnahme am Uefa-Cup konkurriert; deshalb sah er sich nun plötzlich gezwungen, in Dortmund punkten zu müssen. Hiddink nahm den Linksverteidiger Jan Heintze aus der Partie und zog den offensiven Mittelfeldmann Wilfred Bouma in dessen Position zurück.

Neu ins Spiel kam der Linksaußen Arjen Robben, und diese Einwechslung sorgte dafür, dass der rechte Flügel des BVB für den Rest der Partie in die Defensive gedrängt war. Prompt war es Robben, der das 1:1 vorbereitete, das Arnold Bruggink mit feinem Volleyschuss erzielte (47.). „Das Gegentor so kurz nach der Pause hat uns von unserer Linie abgebracht“, sagte Dortmunds Lars Ricken anschließend.

In der Tat waren es in der Folgezeit die Holländer, die schneller, dynamischer und vor allem gefährlicher wirkten. Da aber selbst ein verwirrter BVB immer noch hochkarätige Möglichkeiten bekam, bot sich den Zuschauern in der zweiten Hälfte ein packendes Europacup-Spiel, in dem das laut Hiddink „gerechte Unentschieden“ alles andere als ein zwangsläufiges Resultat war. Was diese Punkteteilung aber nun wert ist, das wusste keiner der Beteiligten so recht.

„Es bleibt spannend in dieser Gruppe“, sagte Guus Hiddink mit einem Anflug von Schmunzeln im Gesicht, während um ihn herum hektisch gerechnet wurde. „Wir haben uns nicht gerade vor Freude übers Unentschieden in den Armen gelegen“, meinte Lars Ricken, fügte jedoch sofort hinzu: „Das Gute ist, dass wir immer noch alles selbst in der Hand haben.“

Das Problem ist allerdings, dass der BVB in der Vergangenheit mit eben solchen Ausgangslagen schlechte Erfahrungen gemacht hat. „Die Situation ist nicht ungefährlich“, gab Trainer Matthias Sammer zu, und auch Ricken geriet ins Grübeln, als er auf die Boavista-Porto-Traumata angesprochen wurde. „Gedanken daran kommen noch nicht hoch“, sagte er, „aber die Lage kann sehr unangenehm werden, falls wir nächste Woche gegen Arsenal verlieren sollten.“

Man wagt es kaum zu sagen, aber vielleicht sollten die Leute, die sich mit Omen beschäftigen, eher ein Augenmerk auf Holländer haben. Vor fast genau drei Jahren hätte der BVB mit einem Sieg über Feyenoord Rotterdam schon vor dem letzten Spiel in Porto die zweite Runde erreichen können.

Das war die Partie, in der Fredi Bobics Stern zu sinken begann, weil er einen Haufen Chancen vergab, und Dortmund trotz einer 1:0-Halbzeitführung nur 1:1 spielte. Was sich dann böse rächte.

Borussia Dortmund: Lehmann - Evanilson, Wörns, Madouni, Dede - Reuter (78. Frings), Kehl - Rosicky - Ewerthon, Koller, Ricken (71. Amoroso) PSV Eindhoven: Waterreus - Bögelund, Ooijer, Faber, Heintze (46. Robben) - van Bommel, Vogel - Rommedahl, Brug gink (80. Ramzi), Bouma - Kezman (85. Vennegoor) Zuschauer: 47.000Tore: 1:0 Koller (10.), 1:1 Bruggink (47.)