Frauen in Bahrain gehen wählen

Der Inselstaat im Persischen Golf ist ein regionaler Vorreiter der Demokratisierung. Doch die Hürden, die der König eingebaut hat, sorgen für Unmut der schiitischen Bevölkerungsmehrheit. Die dortige US-Flotte fürchtet politische Spannungen

von KARIM EL-GAWHARY

Sie ist militärstrategisch äußerst wertvoll und gilt als einer der demokratischen Vorreiter in der Region – die kleine Golfinsel Bahrain. Heute werden dort erstmals seit drei Jahrzehnten Parlamentswahlen stattfinden, die wohl auch im fernen Washington mit großem Interesse beobachtet werden. Der Mini-Golfstaat mit seinen 620.000 Einwohnern beheimatet das Hauptquartier der 5. US-Flotte und damit eines der wichtigsten Elemente eines möglichen US-Militärschlages gegen den irakischen Nachbarn.

Die jetzigen Parlamentswahlen in Bahrain sind der vorläufige Höhepunkt einer langsamen Demokratisierung von oben. Als der 52-jährige Emir Scheich Hamad Ben Issa al-Khalifa vor drei Jahren sein Amt von seinem verstorbenen Vater geerbt hatte, begann er, demokratische Reformen einzuleiten. Zunächst verwandelte er das absolutistische Emirat in eine konstitutionelle Monarchie. Hatte sein Vater jahrelang die schiitische Opposition im Lande brutal unterdrücken lassen, versucht dessen Sohn, sie ins politische System einzubeziehen. Alle politischen Gefangene wurden freigelassen. Letzten Mai hatten als Testfall für die Parlamentswahlen erstmals Kommunalwahlen stattgefunden.

Bahrain gilt auch als einer der Vorreiter für die politischen Rechte von Frauen am Golf. Während in den meisten Golfstaaten überhaupt nicht gewählt wird, haben Frauen im benachbarten Kuwait trotz der dort stattfindenden Parlamentswahlen bis heute kein Stimmrecht. In Bahrain dagegen durfte auch diese Hälfte der Bevölkerung erstmals bei den Kommunalwahlen kandidieren. Auch bei den heutigen Parlamentswahlen treten acht Frauen an. Die Frau des Königs, Scheicha Sabeika Bin Ibrahim al-Khalifa, rief vor wenigen Tagen noch einmal alle Bahrainerinnen auf, ihre Unabhängigkeit beim Wählen unter Beweis zu stellen.

Allerdings befürchtet eine der Kandidatinnen, Fayza al-Zayani, die im Außenministerium arbeitet, dass die meisten Frauen sich von ihren Männern vorschreiben lassen werden, wo sie ihr Kreuzchen zu machen haben. „Wenn die Frauen es diesmal nicht schaffen, ins Parlament zu kommen, dann ist das nicht meine Niederlage, sondern eine Niederlage der ganzen Gesellschaft“, warnt al-Zayani. Bei den Kommunalwahlen hatte keine der 30 Kandidatinnen einen Sitz gewonnen.

Doch das demokratische Experiment Bahrain stößt auch woanders an seine Grenzen. Denn so ganz scheint der konstitutionelle König seinen Untertanen nicht über den Weg zu trauen. Als Sicherheit hat er in die neue Verfassung des Landes parallell zum Parlament eine zweite Ratskammer einführen lassen, deren Mitglieder von ihm bestimmt werden sollen. Die Zusammensetzung dieser Kammer will der König verkünden, nachdem das Wahlergebnis der Parlamentswahlen bekannt ist. Beide Kammern mit ihren jeweils 40 Abgeordneten sollen bis Dezember mit ihrer Arbeit beginnen.

Mehrere Oppositionsparteien boykottieren aber jetzt aus Protest gegen das undemokratische Zweikammersystem die Wahlen, darunter die wichtigsten schiitischen Oppositionsparteien. Die Schiiten machen ungefähr 70 Prozent der Bevölkerung aus. Deren Vertreter fordern Neuwahlen, sollte die Wahlbeteiligung bei der heutigen Volksabstimmung niedrig ausfallen. Das schließt der König kategorisch aus. Hamed al-Kahlifa hatte vor wenigen Tagen noch einmal alle aufgerufen, an den Wahlen teilzunehmen. Überall im Land wurde mit Transparenten wie „Deine Zukunft wird durch die Wahl bestimmt – nimm daran teil“ oder „Die Urnen warten auf deine positive Beteiligung“ mobilisiert.

Sollte die Wahlbeteiligung tatsächlich niedrig ausfallen, könnte die Stimmung im Land schnell umschlagen, vor allem wenn die schiitische Bevölkerungsmehrheit sich durch den Boykott ihrer Parteien vom politischen System ausgeschlossen sieht. Schon werden wieder die Albtraumszenarien aus den 90ern diskutiert, als bei Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und dem repressiven Sicherheitsapparat dutzende Menschen umgekommen waren, hunderte im Gefängnis saßen und andere ins Exil gegangen waren. Ein erneutes Chaos im Land käme dem US-Militär äußerst ungelegen.