Tief im Schnickschnack

Sumi Jo machte in der Glocke aus Gesangstechnik einen Hochleistungssport

Es gab einen Moment im circensischen Auftritt der koreanischen Sängerin Sumi Jo, in dem es ihr gelang, sich völlig aus dem Klim-Bim und Schnickschnack des sonstigen Abends herauszubegeben: Das war die Arie der Julia aus ,,I Capuleti e i Montecchi“ von Vincenzo Bellini.

Mit der wahrlich tränentreibenden Innerlichkeit, die sie hier erreichte, bewies Sumi Jo, dass sie eine große Sängerin ist. Diese ergreifende Intensität konnte sie auch noch in die folgende große Szene der Violetta „E strano, e strano“ aus ,,La Traviata“ von Giuseppe Verdi retten. Über den kleinen Schönheitsfehler, dass diese Szene am Ende ein Duett mit Alfredo ist, schauen wir gern hinweg.

Ansonsten: zunächst mal eine kleine Modenschau. Das atemberaubende weiße Kleid mit den vielen roten Rosen, das Jo im ersten Teil raumgreifend trug, wurde noch überboten von dem Strahlen des Goldgewands im zweiten Teil.

Dann ein Programm, als hätte man viele Komponistennamen geschüttelt und die dreizehn, die herausfielen, genommen. Die Abfolge schlug sich in Wunschkonzertmanier wild durch Zeiten und Genres, von Vivaldi bis Mendelssohn Bartholdy, von Händel bis Henry Rowley Bishop, den kein Mensch mehr kennt. Von Giacchino Rossini zu Charles Gounod und von Giordani mit seinem wohl unvermeidlichen ,,Caro mio ben“ zu Henri Duparc.

Das machte nicht den mindesten Sinn, noch nicht einmal den, die hohe Kunst des Gesanges zu vermitteln. Gesangstechnik landete auf der Ebene des Leistungssports: Toll, was man mit einer gut trainierten Kehle so alles machen kann. Sumi Jo hat eine eher kleine Stimme, was natürlich die unglaubliche Beweglichkeit, über die sie verfügt, möglich macht. Für einige Stellen fehlt es ihr denn doch an Kraft.

Auch das provozierte den Wunsch, ein konzeptionell geschlossenes Programm für die Stimme von Sumi Jo zu hören, deren Klangfarbenzauber und berückendes Piano immer wieder durchschlugen. Unbefriedigend jedoch die grobe Klavierbegleitung mindestens für die barocken Stücke, da konnte Vincenzo Scalera sich noch so sehr um Flexibilität und Differenzierung bemühen.

An wen wendet sich ,,GlockeVokal“? Der schlecht verkaufte Abend – hauptsächlich bevölkert FreikartenbesitzerInnen für den Einstandsempfang des neuen Glocke-Geschäftsführers Thomas Weinsberg – offenbarte einmal mehr, dass man sich entscheiden muss, ob man mit der Reihe künstlerisch hochwertige Konzepte anbietet oder ob man Stimmfetischisten bedienen will. Ute Schalz-Laurenze