„Integrationsvertrag“ für Einwanderer

MigrantInnen in Frankreich: Bürgerrechtskunde und Französisch-Kurse zum Einstieg. Vertrag gilt nur für MigrantInnen mit „regulärem Rechtsstatus“

Sprache und Bürgerrechtskunde: Ja. Kommunales Wahlrecht: Nein.

Durch einen „Integrationsvertrag“ mit 600 Stunden Französisch-Unterricht und 30 Stunden Bürgerrechtskunde will die Pariser Regierung Einwanderern eine bessere Aufnahme im Gastland garantieren. „Wir brauchen eine legale Einwanderung“, sagte Sozialminister François Fillon der Tageszeitung „Libération“. Die Idee eines Immigrationsstopps sei überholt, die geschätzten 100.000 Einwanderer pro Jahr müssten zu echten Integrationsbemühungen bewegt werden.

Präsident Jacques Chirac hatte Mitte des Monats erstmals von einem Integrationsvertrag gesprochen. Fillon präzisierte nun, der Vertrag solle zunächst für ein Jahr gelten und dann zweimal verlängert werden können. Die Möglichkeiten zur Einbürgerung sollten verbessert werden.

Seit einigen Jahren kämen verstärkt Einwanderer nach Frankreich, „die wenig mit unserer Kultur zu tun haben und unsere Sprache nicht sprechen“, sagte Fillon. Diese Einwanderergruppen müssten vor der Versuchung bewahrt werden, sich in ihrer kulturellen Gruppe einzukapseln. Dies führe zu „Unverständnis und manchmal zu Zurückweisung“. Der Integrationsvertrag und begleitende soziale Hilfe sollten allen Neu-Einwanderern angeboten werden, die über einen regulären Rechtsstatus verfügen. Illegale Einwanderer sollen laut Fillon ausgeschlossen bleiben. Auch wandte er sich gegen den Vorschlag, Einwanderern das kommunale Wahlrecht zu gewähren.

Fillons Vorstoß ist zugleich vor dem Hintergrund eines innenpolitischen Machtkampfes zu sehen. Hinter Premierminister Jean-Pierre Raffarin hatte sich seit dem Regierungswechsel im Mai Innenminister Nicolas Sarkozy als Nummer zwei des Kabinetts in Stellung gebracht. Sarkozy kümmerte sich dabei wiederholt auch um akute Probleme, die mit der Einwanderung zusammenhängen, etwa das Flüchtlingslager Sangatte am Ärmelkanal. Fillon machte Raffarin laut „Libération“ inzwischen darauf aufmerksam, dass sein Ministerium für die Integration von Ausländern zuständig sei.

Sarkozy verficht in der Kriminalitätsbekämpfung eine harte Linie und kündigte an, ausländische Prostituierte würden bei offensichtlichem Anlocken von Freiern in ihr Herkunftsland zurückgeschickt. Fillon stellte sein Integrationskonzept als „großzügiges und anspruchsvolles Angebot“ dar. Unabhängig von Herkunftsland, Religion und sozialem Umfeld, sei jeder aufgefordert, der „nationalen Gemeinschaft beizutreten“.

Unterdessen berief Raffarin die Philosophin Blandine Kriegel an die Spitze des französischen Integrationsrates. Unter den weiteren 17 Mitgliedern des neu besetzten Gremiums, das vergangene Woche erstmals zusammentreten sollte, sind der aus dem französischen Überseegebiet Guadeloupe stammende Fußball-Nationalspieler Lilian Thuram und der chinesischstämmige Schriftsteller François Cheng. AFP