„Wir sind die Opposition!“

Einen Tag vor den Parlamentswahlen in Togo organisieren Flüchtlinge vor der Diktatur heute eine eigene Wahl in Bremen. Hier lebt eine der größten Exilgemeinden in Deutschland

„Es wird sich nichts ändern.“ Kurz vor den Parlamentswahlen in Togo sind die Flüchtlinge aus der westafrikanischen Diktatur desillusioniert. Weder für Togo, noch für die eigenen, bedrückenden Lebensumstände in Deutschland erwarten die Oppositionellen im Bremer Exil Veränderungen nach der Wahl am kommenden Sonntag. „Viele von uns würden nach Hause zurückkehren, wenn sie nicht Schlimmes befürchten müssten“, sagt Bassirou Ayéva, Vetreter der oppositionellen PDR in Bremen. „Jeder weiß doch, dass Eyadéma als Diktator blutig herrscht.“ Ständig müssten die Flüchtlinge um die Sicherheit ihrer Familien in der Heimat bangen. Zusätzlich seien sie in Deutschland von Ausweisung bedroht. „Die meisten von uns haben nur sehr kurz befristete Aufenthaltstitel.“ Nur wenige Togoer würden als Asylbewerber anerkannt.

Wie groß die togoische Community in Bremen insgesamt ist, weiß niemand genau. „Wir sind rund 300“, schätzen die Togoer selbst. Sie stellen eine der größten Exilgemeinden in Deutschland. Denn in der Vergangenheit haben Flüchtlinge aus Togo vielfach Zuflucht in der Hansestadt gesucht – auch weil die Norddeutsche Mission mit ihrer Arbeit im westafrikanischen Staat bis heute den Ruf nährt, Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe würden in Bremen groß geschrieben. Doch kommen an die Weser, wie nach Deutschland überhaupt, immer weniger Flüchtlinge. In den vergangenen sechs Jahren wurden in Bremen 113 Neue aus Togo registriert. Im letzten Jahr waren es rund 16. Die letzten Abschiebungen gab es nach Aussage des Innenressorts 1999. Sie traf fünf Personen.

Togoer werten solche Zahlen nüchtern. „Es gab keine Abschiebung, weil viele illegal hier geblieben sind. Niemand will sich von Eyadémas Leuten foltern lassen“, sagen sie. Aus Angst vor angedrohter Deportation seien allein letztes Jahr zehn Togoer untergetaucht. Amnesty International hat Folter und Mord an weniger prominenten Oppositionellen bestätigt. „Warum gibt man uns hier keine Chance?“, fragen die Togoer. Die Wahlen seien ohnehin eine Farce.

Schon seit Jahren macht die EU zwar Druck auf Afrikas dienstältesten Diktator. Den Appell an Togos Präsidenten Gnassingbé Eyadéma, die Menschenrechte zu respektieren und Parlamentswahlen abzuhalten, untermauert die EU zudem mit wirtschaftlichen Sanktionen. Seit 1992 sind EU-Wirtschaftshilfen eingefroren. Dies sowie Korruption und Despotismus haben die ökonomisch desolate Lage in dem Land weiter verschärft, dessen Staatsbedienstete nur noch selten Gehalt bekommen. Doch die Opposition ist zerstritten – und also glauben Beobachter, dass vor allem das Ausland Einfluss darauf haben wird, ob und wie die Wahlen, die Eyadéma bereits zweimal angekündigt und jedesmal eigenmächtig vertagt hatte, wirklich stattfinden. Wieder hat Eyadéma im Vorfeld der Kandidatenaufstellung getrickst: Das Datum für die Parlamentswahlen am Sonntag wurde so kurzfristig anberaumt, dass die Opposition legal keine Chance hatte, ihre Kandidaten aufzustellen. „Eyadema macht wieder, was er will“, sagen Exiloppositionelle. Sie fordern mehr Engagement Europas für ein demokratisches Togo – auch im weltpolitischen Interesse. Da die Instabilität in Westafrika ständig wachse, weisen sie auf die jüngsten Unruhen an der Elfenbeinküste hin.

Sie fordern ihre Landsleute im ganzen Bundesgebiet jetzt zur Auslands-Wahl auf. Nur deren freie und ungefährdete Stimmabgabe gebe den tatsächlichen, demokratischen Willen der Bevölkerung Togos wieder. In Bremen wird im Rahmen eines Informationstages ab 14 Uhr in der evangelischen Zionsgemeinde Kornstraße gewählt. ede

siehe auch www.humanrights.de