Alte Szenen eines neuen Transports

Demoverbot, Containerdorf, Camps und neue Bündnisse – zwei Wochen vor dem größten Castor-Zug nach Gorleben laufen Vorbereitungen bei Anti-AKW-Protest und Polizei auf Hochtouren. Niedersachsens Grüne suchen sich mit Resolution zu retten

von NICK REIMER

Polizei und Bürgerinitiativen rüsten für die nächste Castor-Schlacht, die ab 9. November entlang der Bahnstrecke nach Gorleben toben wird. Das Vorbereitungsprocedere ist nicht neu: An der Verladestation in Dannenberg wird ein Containerdorf für 700 Polizisten aufgebaut – die Bürgerinitiativen melden Demos an und bauen Camps.

Bekannt die juristischen Vorgefechte: Die Bezirksregierung Lüneburg erließ am Wochenende ein Demoverbot. In einer Erklärung heißt es: „So sollen Störer von der Strecke fern gehalten werden.“ Betroffen sind 50 Meter beiderseits von Straße und Schiene sowie ein Areal von 500 Meter um Umladestation und Zwischenlager. Angemeldete Demos werden ab 9. November untersagt. Die Castor-Gegner werden dagegen jetzt vor Gericht ziehen – wie gehabt.

Bekannt auch die verbale Einstimmung. „Es gibt Hinweise, dass sich die Globalisierungsgegner mit den Castor-Demonstranten vereinigen wollen“, so Niedersachsens Innenminister Heiner Bartling (SPD). In diesem Falle müsse mit Ausschreitungen gerechnet werden. Nicht neu das Dilemma der Bündnisgrünen: Die Niedersachsen wollen bei der Landtagswahl am 2. Februar zurück auf die Regierungsbank – da kommt der Castor ungelegen. Auf ihrem Landesparteitag, der am Wochenende das Wahlprogramm annahm, beschlossen die Delegierten deshalb auch eine Castor-Resolution – und zwar einstimmig. In dieser wird „mehr Politik statt immer mehr Polizei gefordert“ – als ob die Grünen in Berlin in der Oppossition wären. Umweltminister Jürgen Trittin hatte am Samstag doch selbst gesagt: Der Landtagswahlkampf werde stark von der bundespolitischen Debatte überlagert. Niedersachsens Grüne jedenfalls rufen zu bundesweiter Teilnahme an den Demos im Wendland auf – gegen ihren eigenen Umweltminister vielleicht?

Neu am Castor-Transport des Herbstes 2002 ist die Dimension: Erstmals werden zwölf statt bisher sechs Behälter mit hoch radioaktiven Glaskokillen gleichzeitig rollen – nach Angaben der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg der größte Zug, der jemals nach Gorleben unterwegs war. Neu ist auch die prominente Unterstützung des Castor-Protestes: Nach einer Tagung, auf der etwa 140 Antiatomaktivisten ihre Strategie erarbeiteten, erklärte die BI gestern: „Die große Demo am 9. November wird nicht in unserer Regie stattfinden, sondern vom Republikanischen Anwaltsverein angemeldet und durchgeführt.“ BI-Sprecher Wolfgang Emke erklärte gegenüber der taz: „Neben dem Anwaltsverein wird sich auch die Humanistische Union in den juristischen Kampf einschalten. Hier geht es schließlich um die Demokratie im ganzen Land“.

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