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Deutschlands Kunstkritiker haben die Surrealismus-Ausstellung in der Düsseldorfer Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zur „Ausstellung des Jahres“ gekürt. Dafür haben sich die in der deutschen Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbandes (Aica) zusammengeschlossenen Experten auf ihrer Tagung in Köln entschieden. Die umfangreiche Präsentation zur Geschichte des Surrealismus mit Meisterwerken etwa von Picasso, Magritte oder Dalí war mit dem Pariser Centre Pompidou erarbeitet worden. In Düsseldorf, wo die Ausstellung noch bis zum 24. November zu sehen ist, wurden seit Ende Juli bereits 152.000 Besucher gezählt, in Paris war es eine halbe Million Menschen. Auf Platz zwei in der Kritikergunst ist die jüngste documenta in Kassel gelandet. In einer in Köln gefassten Entschließung begrüßten die Kritiker die Absicht der Bundesregierung, die steuerliche Abzugsfähigkeit von Unternehmensspenden für Kunst und Kultur und andere gemeinnützige Zwecke unverändert beizubehalten. Nun wäre es konsequent, ergänzten sie, darüber hinaus die vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer für Werke lebender Künstler von 7 auf 16 Prozent ebenfalls fallen zu lassen – und in den ermäßigten Steuersatz endlich das künstlerische Foto sowie die Kunst der Siebdruck-Grafik einzubeziehen.

Der Kampf der alten Männer geht weiter. Auch der Schriftsteller Erich Loest hat nun – nach Marcel Reich-Ranicki und Joachim Kaiser – seinen eigenen Literaturkanon vorgestellt, und zwar mit einem deutlichen Akzent auf der DDR-Literatur. Der heute 76-jährige Loest hat lange in der DDR gelebt und musste in Bautzen eine siebenjährige Haftstrafe absitzen. In den bisherigen Bestenlisten der Literaturkritiker Reich-Ranicki und Kaiser waren Bücher aus der DDR wenn überhaupt, dann nur am Rande vorgekommen. Die beiden hätten vermutlich nicht den inneren Zugang zur DDR-Literatur wie er, sagte Loest: „Der eine lebt in Frankfurt am Main, der andere in München.“

Loest hat unter anderem die Bücher „Nachdenken über Christa T.“ von Christa Wolf und „Jakob der Lügner“ von Jurek Becker in seinen Kanon aufgenommen. „Mein Kanon ist nur ein Vorschlag, es sind meine besten 20 Romane“, sagte Loest. Damit solle nicht kategorisch verbunden werden, „dass diese Bücher jetzt jeder zu lesen habe“. Es gefalle ihm nicht, dass die Bestenliste von Reich-Ranicki jetzt als „Kanon“ in den Buchhandlungen stehe. Dennoch halte er den Kritiker, mit dem er befreundet sei, für einen Außergewöhnlichen seiner Zunft. „Ich mag ihn, wenn er schreibt“, erklärt Loest, „ich mag ihn weniger, wenn er redet.“