Militärrebellion in Zentralafrika

Libyen und der Tschad mischen bei der Meuterei in der Hauptstadt Bangui mit. Es geht auch um Ölinteressen

ABIDJAN taz ■ Das Beispiel der Elfenbeinküste macht Schule in Afrika. Meuternde Militärs in der Zentralafrikanischen Republik haben in den letzten Tagen große Teile der dortigen Hauptstadt Bangui unter ihre Kontrolle gebracht und stehen offenbar kurz vor ihrem Ziel: Präsident Ange-Félix Patassé zu stürzen. Gestern hatten die Rebellen die Residenz des Präsidenten, die von Soldaten aus Libyen geschützt wird, eingekesselt. Zentrum der Kämpfe war das Parlamentsgebäude. Das größte Militärlager Banguis, wo in früheren Jahren französische Eingreiftruppen und UNO-Blauhelme stationiert waren, ist bereits an die Rebellen gefallen.

Ein Lebenszeichen des Präsidenten Patassé hat es seit Beginn der Kämpfe am vergangenen Freitag nicht mehr gegeben. Es ist auch nicht bekannt, wo er sich aufhält. Damit ist unklar, wer überhaupt in Bangui die Macht hat. Die Rebellen werden von einem ehemaligen Armeechef geführt, General François Bozize, der vor gut einem Jahr im nördlichen Nachbarland Tschad begonnen hatte, mit Billigung der dortigen Regierung eine Rebellion zu gründen und hin und wieder grenznahe Orte seines Heimatlandes zu besetzen. Der tschadische Kommunikationsminister Moctar Wawa Dahab distanzierte sich zwar gestern von den Unruhen im Nachbarland. Er räumte jedoch zugleich ein, dass sich abtrünnige tschadische Soldaten unter den Rebellen befinden könnten.

Die Regierung Patassé genießt wiederum den Schutz von Truppen aus Libyen und Sudan sowie von Rebellen der Demokratischen Republik Kongo. Da Libyen kürzlich Förderrechte an Diamanten in der Zentralafrikanischen Republik erworben hat, während im Tschad die USA und Frankreich eine Ölindustrie aufbauen, haben all diese regionalen Allianzen eine internationale Dimension, die dem Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik eine weit über das Gewicht des Landes hinausgehende Bedeutung verleihen. In Bangui entscheidet sich, ob es westlichen Staaten gelingt, Libyens Griff auf die ressourcenreichsten Gebiete Afrikas aufzuhalten.

Dass Rebellenchef Bozize mit zumindest passiver Unterstützung Frankreichs agiert, ist offensichtlich. Erst vor einer Woche war er von Tschad nach Paris ausgeflogen worden. Sobald er da war, traten seine Kämpfer vor Ort in Aktion. Als die Gefechte in Bangui am Wochenende ihren Höhepunkt erreichten, setzte er sich in einen Linienflug von Air France und reiste in den Tschad zurück. Unbestätigten Angaben zufolge sollen seine Rebellen neben Teilen Banguis auch weite Teile der Zentralafrikanischen Republik unter ihre Kontrolle gebracht haben.

Bozize behauptete am Sonntag, er sei „gezwungen worden, die Operationen zu leiten“. Zugleich aber verlangte er den Rücktritt von Präsident Patassé, „um einen konsensuellen Übergang zur Demokratie zu ermöglichen“. Patassé hat schon unzählige Militärrebellionen überstanden, seit er 1993 zum ersten Mal halbwegs freie Wahlen gewann. Die letzte Rebellion im Mai 2001 besiegte er nur, indem seine Truppen mit libyscher Hilfe ethnische Sauberungen in oppositionsnahen Stadtvierteln Banguis veranstalteten. Die neuen Kämpfe in Bangui haben nach Rundfunkberichten bereits dutzende Tote gefordert und 50.000 Menschen in die Flucht getrieben.

DOMINIC JOHNSON