Mehr klein als fein

Mit einer privaten Business School will die Industrie am Berliner Schlossplatz auftrumpfen. Doch das Projekt wurde kräftig abgespeckt – aus Geldmangel

BERLIN taz ■ Dieser Auftritt hatte etwas von Landesverrat. Als Rolf E. Breuer, damals noch Vorstandssprecher der Deutschen Bank, einen Bildungskongress seines Hauses eröffnete, ließ er kein gutes Haar an den deutschen Hochschulen. „Wenn es um Qualität geht, ist ein Studienabschluss an einer deutschen Universität kein Maßstab mehr“, sagte Breuer. Dann zog er munter über die deutschen Studenten und das Bildungssystem als solches her. Konrad Adenauer hätte den heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden der größten deutschen Bank für die Hetze wahrscheinlich verhaften lassen.

Der jetzige Kanzler macht das natürlich anders. Gerhard Schröder wird heute der Eröffnung jenes Projektes einfach fern bleiben, das all die von Breuer skandalisierten Defizite beheben soll. Die European School of Management and Technologie, kurz ESMT, ist als echtes Elite-Institut geplant: Handverlesene Studierende aus aller Welt werden von den besten Professoren geschult, die man kriegen kann. Hinter dem Projekt stehen die umsatzstärksten und angesehensten deutschen Unternehmen.

Dieses überaus anspruchsvolle Konzept toppte der als Gründungspräsident ausersehene Derek F. Abell vergangene Woche sogar noch. Der studierte Luftfahrttechniker will hoch hinaus. In zehn Jahren soll die Schule „die erste Adresse für den internationalen Führungsnachwuchs sein“. Mit anderen Worten: Die besten Business Schools der Welt hinter sich lassen – Frankreichs Fontainebleau, Italiens Bocconi, Englands „London Business School“ und Amerikas Columbia und Wharton.

Bei so vielen selbst produzierten Superlativen verstehen Kenner der Szene nicht recht, warum die Gründer plötzlich so schweigsam werden, wenn es um greifbare Konzepte und Fakten geht. Und warum sie mit so vielen kleinkrämerischen Problemen ringen.

Die Gründerunternehmen feilschen etwa wie die Teppichhändler darum, dass sie das Staatsratsgebäude im Wert von rund 24 Millionen Euro nicht nur umsonst in ihren Besitz bekommen – sondern dass es die bankrotte Berliner Kommune obendrein gratis um- und ausbaut. Eine groteske Idee: Die Stifterunternehmen sind bilanzmäßig in etwa so stark wie die deutsche Volkswirtschaft und haben allein in den beiden vergangenen Jahren zig Milliarden Euro an Steuerersparnissen realisiert.

Am Tag der Eröffnung gilt es nun zu vermelden: Die European School fällt deutlich kleiner und bescheidener aus als anfangs hinausposaunt. Die Gründer haben auf gewichtige Einwände des renommierten Gründungsexperten Hans N. Weiler reagiert, der das ursprüngliche Projekt für unbezahlbar hielt. Die Zahl der jährlichen Studienanfänger wurde auf rund 250 halbiert.

Auch will man nun vornehmlich „Executives“ fortbilden – will sagen: die als Harvard-Konkurrenz gedachte ESMT wird eine bessere Weiterbildungseinrichtung. Wer weiß, vielleicht verzichten die akademischen Gipfelstürmer am Ende gar auf das Recht, Doktortitel zu verleihen. Das läge ganz im neuen Trend der Industrie: Small is beautiful. CHRISTIAN FÜLLER