Regierung am Ende

Israels Koalition zerbricht am Streit über Finanzhilfen für jüdische Siedler im Haushalt 2003. Mehrere Minister der Arbeitspartei treten zurück

JERUSALEM afp ■ Nach 18 Monaten im Amt ist die israelische Koalitionsregierung am Streit über die Finanzhilfen für jüdische Siedler in den Palästinensergebieten zerbrochen. Mehrere Minister der mitregierenden Arbeitspartei reichten nach dem Scheitern von Kompromissverhandlungen gestern ihren Rücktritt ein, wie aus Regierungskreisen verlautete. Unter ihnen waren Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser, der auch Vorsitzender der Arbeitspartei ist, und Außenminister Schimon Peres. Ministerpräsident Ariel Scharon vom rechtsgerichteten Likud-Block antwortete auf die Frage eines Journalisten, ob die Koalition zerbrochen sei: „Ja, so sieht es aus.“

Auch Kulturminister Matan Vilnai von der Arbeitspartei gab seinen Rücktritt bekannt. Die Demissionen zweier weiterer Ressortchefs der Arbeitspartei, Industrieministerin Dalia Itzik und Verkehrsminister Efraim Sneh, sollten noch am Mittwochabend erklärt werden, hieß es in Parteikreisen. Die Rücktritte würden in 48 Stunden wirksam, gab die Regierung bekannt.

Die beiden größten Regierungsparteien hatten drei Tage vergeblich um einen Kompromiss gerungen. Finanzminister Schalom warf Ben-Elieser vor, die Koalition aus parteitaktischen Gründen zerstört zu haben. Ben-Elieser wolle sich für die parteiinternen Wahlen im November die Unterstützung des linken Flügels der Arbeitspartei sichern.

Ben-Elieser konnte sich nicht mit seiner Forderung durchsetzen, im Sparhaushalt für das kommende Jahr die Finanzhilfen für jüdische Siedler in den Palästinensergebieten um 150 Millionen Dollar (152,7 Millionen Euro) zu kürzen. Dies hätte nach Angaben der Partei den Kürzungen bei allen anderen Sozialabgaben entsprochen. Das eingesparte Geld sollte sozial Bedürftigen zugute kommen. Der Entwurf von Finanzminister Schalom sieht Kürzungen um 1,8 Milliarden Dollar vor. Noch am Abend wollte das Parlament über den Haushaltsentwurf abstimmen. Trotz der Ablehnung der Arbeitspartei wurde mit einer Mehrheit gerechnet.

Nach dem Bruch der Koalition könnte Scharon laut Armeerundfunk zunächst weiterregieren und sich dann zwischen zwei Optionen entscheiden: Entweder er trete an einem von ihm bestimmten Termin zurück; oder er lasse über ein Gesetz zu Neuwahlen abstimmen, die dann binnen sechs Monaten abgehalten werden müssten. Umfragen zufolge würde der Likud-Block als überragender Sieger aus vorgezogenen Wahlen hervorgehen.