: Letzte Ausfahrt Belgrad
Das Goethe-Institut im Fedelhören soll „umstrukturiert“ werden, hat das Präsidium in München beschlossen. Konkret heißt das: Stellenstreichungen. Der Standort Bremen ist nicht attraktiv genug
Volker Marwitz muss das sinkende Schiff als erster verlassen. Gerade erst ist der Mann aus Belgrad zurückgekehrt, von der Wohnungssuche. Zum 1. Dezember wird der bisherige Leiter des Bremer Goethe-Instituts von der Weser in die serbische Metropole versetzt. Marwitz ist nicht der einzige, der gehen muss: Das Bremer Goethe-Institut im Fedelhören, 1981 in der ehemaligen Rembertischule gegründet, wird „umstrukturiert“, hat das Präsidium in München beschlossen.
Konkret heißt das: Viele der bisherigen Intensivkurse „Deutsch als Fremdsprache“ wird es ab Februar 2003 nicht mehr geben. Zahlreiche fest angestellten Mitarbeiter müssen Bremen verlassen, und natürlich soll es für alle Betroffenen eine „möglichst sozialverträgliche Lösung“ geben. Die Verhandlungen darüber werden von einer „Einigungsstelle“ in München geführt, die am 13. November abschließend beraten soll. Der Arbeitgeber hat den bis zu zehn Lehrern, die betroffen sind, zugesagt, ihnen Arbeitsplätze in anderen deutschen Goethe-Instituten anzubieten. Ferner sollen für „ausgewählte Angestelltenkräfte“ (derzeit gibt es fünf feste Stellen) „Altersteilzeitmöglichkeiten“ geschaffen werden.
Bis zu 800 Teilnehmer aus 60 Ländern im Jahr belegten zu florierenden Zeiten die Deutsch-Kurse an der Weser. Von den 15 inländischen Instituten, die alle ohne Subventionen auskommen müssen, wurde Bremen schon länger als eines der vordersten auf der Abschussliste gehandelt. Die Ursachen: Stipendiatenrückgang und schwindende Attraktivität der Stadt. Mehrmals hatte das Präsidium über die Zukunft des Sorgenkindes beraten, ehe es sich zu einer Entscheidung durchringen konnte.
„Wir konnten nicht anders handeln“, sagt Ulrich Braess, der für die Inlandsinstitute zuständige Vorstand in der Zentralverwaltung. Das Bremer Institut habe einen „enormen Strukturwandel seiner Kundschaft“ zu verbuchen. In früheren Jahren seien 40 Prozent der „Kundschaft“ Stipendiaten des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) gewesen, die sich sprachlich auf ihre Postgraduiertenstudiengänge an deutschen Unis vorbereitet hätten. Mittlerweile habe sich dieser Anteil drastisch verringert.
„Selbst zahlende Kunden kompensieren das abrupte Wegfallen unserer Stipendiaten nicht“, klagt Volker Marwitz. „Von heute auf morgen“ habe Bremen seine DAAD-Studenten verloren. Der Austauschdienst müsse nämlich – auf Druck des Bundesrechnungshofs – mittlerweile seine Aufträge öffentlich ausschreiben. Künftig würden die DAAD-Kurse auf die Goethe-Institute Mannheim, Göttingen und Dresden konzentriert, den Zuschlag erhielten aber auch andere, preiswertere Anbieter.
Dass das Bremer Goethe-Institut seit langem defizitär sei, liege nicht daran, dass dort schlechte Arbeit geleistet worden sei, so Braess. Vielmehr gebe es einen „ziemlichen Strom der Kunden in Richtung der Metropolen Berlin und München“, aber „leider nicht nach Bremen“, obwohl man die Hansestadt „nicht weniger“ bewerbe. Die Konsequenz für Bremen fällt eindeutig aus: Nur die nicht-defizitären Strukturen bleiben erhalten. Also insbesondere die Kooperation mit dem Fremdsprachenzentrum der Bremer Hochschulen (FZHB): Die bislang fünf vollen Lehrerstellen, die dem Goethe-Institut dafür zur Verfügung stehen, sollen eher noch aufgestockt werden. Verstärkt angeboten werden sollen zudem „Individual- und Kleingruppenkurse für die gehobene Kundschaft“, so Braess. Da man hierbei stark die Wünsche der besonders solventen Kundschaft auf dem lokalen Markt berücksichtigen will, wird das künftige Kursangebot überwiegend mit flexibel einsetzbaren – und kündbaren – freien Mitarbeitern und Honorarkräften realisiert. Markus Jox
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