„Da müssen Sie Herrn Stoiber einladen“

In Mainz sollte über den Einfluss der Politik auf die Medien gesprochen werden – aber dort sitzt das ZDF

Es hätte so aufregend werden können. Schließlich gäbe es beim ZDF ja einiges zu diskutieren. Zum Beispiel, warum ein anerkannt fähiger Mann namens Hans Janke nicht Programmdirektor des Mainzer Senders werden darf. Aber: Nebbes. Beim siebten Mainzer Medien-Disput mit dem Titel „Verschwiegen, verschwunden, verdrängt – was (nicht) öffentlich wird“ gab’s etwa genauso viele neue Erkenntnisse wie beim letzten Verwaltungsratstreffen zur Entscheidung über die Wahl des ZDF-Programmdirektors selbst. Nämlich so gut wie keine.

„Wir sind in einer außerordentlich problematischen Situation“, redete ZDF-Intendant Markus Schächter gewohnt souverän um den heißen Brei herum. Und zwar, um bloß keine Fragen zum Zoff um den designierten Darf-nicht-Kandidaten beantworten zu müssen. Es war ja eigentlich auch nicht anders zu erwarten. Obgleich die Gesprächsrunde „Was kann Medienpolitik bewirken?“ hieß. Vielleicht wäre „Was kann Medienpolitik verhindern?“ besser gewesen. Schon vor zwei Wochen hatte sich Schächter bei einer Diskussion über die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks artig bei den Politikern bedankt, die ihn ins Amt gewählt hatten und auf deren „Fachkompetenz, Engagement und Professionalität“ er im Fernsehrat zukünftig nicht verzichten wolle.

Nicht einmal der als Gegenredner eingeladene Günther H. Oettinger, medienpolitischer Sprecher der CDU, hatte da in Mainz noch Lust, sich auf einen Austausch einzulassen. Die CDU sei von Jankes Arbeit einfach „nicht voll überzeugt“, das habe nicht ausschließlich etwas mit parteipolitischer Gesinnung zu tun. „Mehr kann ich nicht dazu sagen. Da müssen Sie schon Herrn Stoiber einladen“, sagte Oettinger und benannte gleich mal den wahren Drahtzieher der Affäre Janke. Schächter legte beschwichtigungsgeübt nach: „Ich glaube nicht, dass sich das Problem in dieser Runde lösen lässt.“ Und damit basta.

Wer auf die Medienpolitik-Diskussion als Highlight des Disputs gewartet hatte, konnte sich spätestens zu diesem Zeitpunkt guten Gewissens dem Büffet zuwenden. Die Gesprächsrunden am Morgen und Nachmittag waren schließlich auch nicht spektakulärer verlaufen: Wie viel Macht besitzen eigentlich die Agenturen? Immer nur so viel, wie die Journalisten zulassen. Wie entstehen Skandale? Na ja, indem Journalisten sie aufdecken, warum auch immer. Und gibt es noch Werte in unserer Gesellschaft, die neben dem DAX bestehen können? Natürlich, sonst wären wir ja arm dran.

„Die Medien müssen sich öfter mit sich selbst beschäftigen“, hatte Kurt Beck ganz am Anfang des Medien-Disputs gesagt. Und, bevor er gegangen ist, hinzugefügt: Zu viel negative Kritik dürfe es allerdings auch nicht geben. Sonst wird man ja depressiv irgendwann. So kann man das auch sehen. Es wäre ja unangenehm, wenn nach der Beschäftigung mit sich selbst die ein oder andere neue Erkenntnis übrig bliebe. PEER SCHADER