Neue Wahlmaschinen, alte Probleme

Nach dem Chaos bei den US-Präsidentschaftswahlen vor zwei Jahren sollen neue Geräte eine Blamage verhindern

WASHINGTON taz ■ Nur noch wenige Tage bis zu den Kongress- und Gouverneurswahlen in den USA, und je näher der Termin rückt, desto lebendiger wird die Erinnerung an „hanging“ oder „swinging chads“ – jene kleinen Papierstanzlöcher in den Stimmzetteln, die bei den Präsidentschaftswahlen vor zwei Jahren im Bundesstaat Florida wochenlang für Aufregung gesorgt hatten.

Zwei Jahre später kann niemand ausschließen, dass sich bei den erwarteten knappen Ergebnissen am kommenden Dienstag das Fiasko wiederholt. Zwar hat Florida die meisten der fehlerhaften alten Wahlmaschinen durch neue ersetzt. Dass das aber mitnichten eine Garantie für einen glatten Ablauf ist, zeigte sich bei den demokratischen Vorwahlen für den Gouverneursposten vor gut einem Monat: Über eine Woche dauerte es, festzustellen, wer die Primaries gewonnen hatte. Manche Wähler, darunter die ehemalige Justizministerin Janet Reno, standen fast eineinhalb Stunden vor ihrem Wahllokal, weil die Helfer nicht wussten, wie die Maschinen angeschaltet werden.

Um zukünftiges Wahlchaos zu vermeiden, hat Präsident Bush am Dienstag ein Gesetz unterschrieben, das wenigstens einige einheitliche Mindestanforderungen festlegt und den Staaten in den nächsten drei Jahren 3,9 Milliarden Dollar Bundesmittel zur Verfügung stellt, um neues Equipment anzuschaffen und Personal auszubilden.

Das Gesetz war vorher nach zweijähriger Debatte vom Kongress angenommen worden. Aber obwohl nach Umfragen eine Mehrheit der US-Wähler einheitliche Wahlregelungen begrüßen würde, belässt das Gesetz die Verantwortung weitgehend in der Hand der Bundesstaaten und arbeitet darüber hinaus mit vagen Formulierungen.

So legt das Gesetz etwa fest, dass sich mit seinem Sozialversicherungsausweis oder dem Führerschein ausweisen muss, wer sich ins Wahlregister eintragen lassen möchte. Die Wahlbehörden müssen dann versuchen herauszufinden, ob die Angaben stimmen. Schaffen sie das nicht, stellt der verärgerte demokratische Senator Christopher Dodd aus Connecticut fest, sieht das Gesetz keinen Weg vor, die Registrierung abzulehnen, wenn sie erst einmal auf den Weg gebracht ist.

Die größte Sorge jedoch bereitet den Wahlmanagern die Qualifikation der Wahlhelfer. „Lokale Beamte können jede Wahl vergeigen“, sagt Senator Christopher Bon aus Missouri, „Inkompetenz schlägt alles.“ Denn die Generation der engagierten Mittelschichtsbürger, die sich ehrenamtlich und kompetent gegen ein Taschengeld von 50 bis 70 Dollar einen 16-Stunden-Tag ans Bein binden – für den sie noch dazu einen Tag von der Arbeit freinehmen müssen, da Wahlen in den USA stets dienstags abgehalten werden – diese Generation ist weitgehend verschwunden. Stattdessen bewerben sich als Wahlhelfer diejenigen, die auch einen 50-Dollar-Job gut gebrauchen können – aber häufig die Wahlvorgänge selbst nicht verstehen, trotz allen Trainings. Oftmals werden Rentner als Wahlhelfer eingesetzt – aber gerade die verlieren bei computergestützten Wahlmaschinen, der Vielfalt an Abstimmungen zwischen Haus-, Senats- und Gouverneurswahlen, lokalen Wahlen und regionalen Referenden, leicht jeden Durchblick.

Ob vereinheitlichte Systeme den Durchbruch bringen, wird sich am Dienstag in Georgia zeigen. Als einziger Bundesstaat hat Georgia jetzt für alle 2.823 Wahllokale einheitliche Touchscreen-Wahlcomputer gekauft und 4,5 Millionen Dollar in Training und Wählerschulung investiert. Das tat Not: In dem Bundesstaat waren bei den 2000er Wahlen wegen Problemen der Wahlmaschinen noch mehr Stimmen nicht gezählt worden als in Florida.

Gespannt sein darf man auch auf Nachrichten aus Ohio. Mehrere Gemeinden in diesem Staat haben, so vermeldet die New York Times, gebrauchte Wahlmaschinen über Ebay gekauft. Herkunft: Florida. BERND PICKERT