Ariel Scharon sucht neue Partner

Nach dem Ende der großen Koalition sondiert der israelische Ministerpräsident im rechten Lager. Als Verteidigungsminister ist der ehemalige Generalstabschef Mofaz im Gespräch. Er steht für eine harte Linie gegenüber den Palästinensern

aus Jerusalem ANNE PONGER

Gestern hat der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon mit Versuchen zur Bildung einer kleinen Koalition begonnen, nachdem die sozialdemokratische Arbeitspartei am Mittwoch aus der 19 Monate alten großen Koalition der „nationaler Einheit“ ausgestiegen war. Scharon teilte dem Staatspräsidenten Mosche Katzav mit, dass er mit einer kleinen Koalition bis zum Jahresende den Haushalt 2003 verabschieden wolle. Danach werde er „über vorgezogene Neuwahlen nachdenken“, wie die Presse gestern berichtete.

Die 25 Abgeordneten der Arbeitspartei hatten am Mittwoch geschlossen gegen den Haushaltsentwurf 2003 gestimmt, der dennoch in erster Lesung mit einer Mehrheit von 67 Stimmen verabschiedet wurde. Danach reichten die sechs Minister der Arbeitspartei, angeführt von Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser, ihren Rücktritt ein und gingen in die Opposition. Die große Koalition scheiterte an der Frage der Subventionen für jüdische Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten. Ben-Elieser erklärte seinen Rücktritt damit, dass Scharon nicht bereit gewesen sei, hunderte Millionen Schekel für die Siedlungen zur Unterstützung sozial schwacher Gruppen im Lande zu verwenden.

Das Amt des Verteidigungsministers soll nach Scharons Wünschen nun der vorige Generalstabschef Schaul Mofaz bekleiden. Mofaz nahm das Angebot tentativ an, doch ist die Ernennung von der Bestätigung durch Regierung und Knesset abhängig. Mofaz war erst vor wenigen Monaten aus dem Amt geschieden. Er gilt als politisch rechts stehend und hat stets eine harte militärisch Linie gegenüber den Palästinensern propagiert. Ben-Elieser warnte am Donnerstag im Radio, als zukünftiger Verteidigungsminister sei ein erfahrener Politiker mit breitem Überblick vonnöten und nicht ein „Obergeneralstabschef“. Aus Kreisen der Palästinenserverwaltung in Ramallah verlautete höchste Besorgnis über eine Ernennung von Mofaz. „Das würde den Abbruch aller Brücken zwischen Israel und den Palästinensern bedeuten“, befürchtete Jassir Abed-Rabbo von der Palästinenserverwaltung.

Als potenzieller neuer Koalitionspartner gilt das Rechtsaußenbündnis „Nationale Union – Unser Haus Israel“ mit seinen derzeit sieben Knesset-Mandaten, obwohl dort die Meinungen über einen Koalitionsbeitritt gespalten sind. Scharon müsse zuvor Bereitschaft demonstrieren, sich von Koalitionsbedingungen der Arbeitspartei zu trennen, und neue nationale Prioritäten setzen, wie den massiven Siedlungsausbau und die gnadenlose Ausrottung des palästinensischen Terrors, forderte der Abgeordnete Benny Eilon.

Das Massenblatt Maariv berichtete gestern, Scharon erwäge, den von Schimon Peres geräumten Posten des Außenministers eventuell dem ultranationalistischen „Unser Haus Israel“-Vorsitzenden Avigdor Lieberman anzubieten, um ihn in die kleine Koalition zu locken. Parallel dazu gab es Ansätze, Peres trotz seines Rücktritts erneut entweder das Außenministerium zu offerieren oder ihn zum „Sonderbotschafter für das Ausland“ zu ernennen. Peres wies dies zurück.

Peres hatte der Scharon-Regierung bisher für all ihre scharfen Militäroperationen in den palästinensischen Gebieten diplomatische Rechtfertigung in den Hauptstädten der Welt zu verschaffen versucht. Auf eine internationale Legitimierung würde eine reine Rechtsregierung, die ausschließlich von Siedlern, Nationalisten und Ultraorthodoxen abhängt, weitestgehend verzichten müssen.

Radiogerüchten zufolge erwägt Scharon auch die Möglichkeit, seinen potenziellen Konkurrenten um das Amt des Ministerpräsidenten, Benjamin Netanjahu, durch die Offerte des Außenministerpostens zu neutralisieren. Solch ein Angebot vor den im November geplanten Likud-Vorwahlen, bei denen Netanjahu gegen Scharon kandidieren will, könnte den Comeback-besessenen früheren Premier vor ein Dilemma stellen.

Die Regierung Scharon stützt sich derzeit offiziell nur noch auf 55 von 120 Stimmen. Bereits am Montag stehen der Knesset zwei Misstrauensanträge der linksliberalen Meretz und der laizistischen Schinui ins Haus.