Fleischliche Gelüste werden schwächer

Heute treffen sich Fleischverächter in Brüssel zum World Vegan Day. Acht Prozent der Deutschen essen kein Fleisch

BERLIN taz ■ Glaubt man Thomas Schönberger, dem Vorsitzenden des Vegetarierbundes Deutschland, entschließen sich jede Woche 4.000 Deutsche, ab sofort auf Fleisch zu verzichten. Damit es noch mehr werden, treffen sich heute in Brüssel Vegetarier und Veganer aller Länder, um der vegetarischen Ernährung in Europa zum Sieg zu verhelfen. Eingeladen hat die European Vegetarian Union (EVU). Sie wollen Themen wie Tierschutz, Gesundheitsfragen sowie wirtschaftliche und ökologische Aspekte diskutieren.

In Deutschland gibt es sechseinhalb Millionen Vegetarier, damit verzichtet jeder Zwölfte auf Fleisch, so Zahlen der EVU vom Juli. Der Vegetarier-Anteil in der Bevölkerung verdoppelte sich in den letzten vier Jahren – 1998 ernährten sich drei Millionen Menschen in Deutschland fleischlos. Noch 1983 machten sie einen verschwindend geringen Anteil von 0,6 Prozent der Bevölkerung aus. Nur die Briten schlagen Deutschland seit Jahren. Dort isst fast jeder Zehnte kein Fleisch. Großbritannien und Deutschland sind damit Trendsetter in Europa, wo der durchschnittliche Vegetarieranteil in der Bevölkerung bei 2 bis 4 Prozent liegt.

Von der Entwicklung hin zum Fleischverzicht profitieren v. a. die 2.000 Läden für Naturkost in Deutschland, deren Sortiment zu 96 Prozent aus vegetarischen Lebensmitteln besteht. Ihr Umsatz stieg 2001 um 20 Prozent im Vergleich zum Jahr 2000, so die Zahlen der „Bundesverbände Naturkost Naturwaren“.

Bisher noch recht unbekannt: Vegetarische Produkte erkennt der Käufer am V-Label der EVU. Bevor das Zeichen auf eine Packung gedruckt werden darf, muss der Hersteller die Zutaten offen legen und sein Produkt von einem Lebensmittel-Prüflabor untersuchen lassen. Mit dem V-Label gekennzeichnete Lebensmittel dürfen weder Fleisch, Gelatine, tierischen Fette oder Knochen enthalten. Bei Produkten, die vollkommen frei von tierischen Stoffen sind, beispielsweise auch keinen Honig, Käse oder Milch enthalten, wird dem Label das Wort ,,vegan“ beigefügt.

Verschiedene Studien bestätigen auch einen gesundheitlichen Effekt. Das Robert-Koch-Institut wies beispielsweise nach, dass Vegetarier oft weniger wiegen und niedrigere Cholesterin- und Blutdruckwerte haben. Als weitere Vorteile der vegetarischen Ernährung nennen sie niedrigere Blutharnsäurewerte, also ein verringertes Risiko an Gicht zu erkranken, und günstigere Nierenfunktionswerte.

Die Wissenschaftler ziehen daraus den Schluss, dass es empfehlenswert sei, den Fleischkonsum zugunsten ballaststoffreicher pflanzlicher Nahrungsmittel zu reduzieren. Die hierzulande weit verbreitete Meinung, dass nur der tägliche Genuss von Fleisch bzw. Fleischprodukten Gesundheit garantiert, müsse korrigiert werden.

SUSANNE KLINGNER