h.g.hollein
: Etikette

Die Frau, mit der ich lebe, findet bisweilen etwas an mir auszusetzen. Vor allem meine Tischmanieren sind ein ständig wiederkehrender Ansatz für ihre Besserungsbemühungen. So stört sie sich einerseits an der ninja-artigen Rasanz meiner Handhabung von Messer und Gabel, andererseits erinnern sie meine nahrungszuführenden Bewegungsabläufe angeblich an einen barocken Schaufelbagger. Zugegeben, ich halte es mit dem Motto „Viel hilft viel“, und eine zügige Zufuhr schafft Zeit für die Einverleibung einer zweiten Portion. Was man hat, das hat man eben. Sicher, es geht auch anders. An einer vornehmen englischenTafel durfte ich einmal mit ansehen, wie mein Gegenüber drei Erbsen auf ihrer umgedrehten Gabel zum Munde balancierte. Zweifellos keine geringe Leistung, und der Gefährtin imponiert so was ja. Allein, der Anflug spitznasiger Verhärmtheit im Erscheinungsbild der jungen Dame bewog mich, das dargebotenene Paradigma nachhaltig zu verwerfen. So malme ich denn beim Frühstück weiterhin lustvoll meine belegten Brötchen, derweil die Gefährtin an den ihren kunstvoll knabbert. Allerdings gehe ich nicht so weit wie Freund F., der bei gemeinsamen Grünkohltafeleien regelmäßig mit dem Ruf „Erster!“ die umgehende Darreichung des einen oder anderen Wodkas reklamiert, derweil seine Gefährtin mit der meinen verständnisinnig-resignierte Blicke tauscht. Sollen sie, da stehen wir sinnenfrohen Schlinger drüber. Immerhin sehe ich davon ab, nach gehabtem Genuss den Hosenbund zu öffnen und ein versonnenes Bäuerchen zu machen.