„Kekse für Alle“ oder: Wie Politik funktioniert

Rastalook statt Seitenscheitel, Trainingsanzüge an Stelle von Zweireihern: Etwas war anders, gestern in der Bürgerschaft. Lediglich ein Abgeordneter trug Krawatte und fiel damit aus der Reihe. Grund für den optischen Wandel: Das Jugend-Parlament tagte. 100 BremerInnen zwischen 15 und 21 Jahren haben drei Tage lang Gelegenheit, Politik zu üben. Mädchen bilden über zwei Drittel des Plenums. Teilnehmer Niklas (17) sieht das Projekt der Bürgerschaft als „großes Spiel“. „Ich erwarte nicht, dass etwas Konkretes herauskommt“, gibt er zu. Trotzdem ist er neugierig, wie Politik funktioniert. Schließlich sollen die Resolutionen der Jugendlichen später in die Deputationen der Bürgerschaft einfließen. Im letzten Jahr hatten die Erwachsenen allerdings von den 14 Resolutionen des Jugendparlaments am Ende nur eine einzige berücksichtigt. Doch von Politikverdrossenheit findet sich im Saal keine Spur. Eher von Unwissenheit, findet Ex-Präsidentin Hanna Domeyer. „Viele sind schlecht informiert“, meint sie. „Es ist gut, dass man am eigenen Leib demokratische Strukturen erfahren kann.“ Dennoch soll es nicht bierernst zugehen. „Wenn ihr mich wählt, gibt‘s Kekse in der Cafeteria“, verspricht Kandidat Thorsten – ganz im Stile des Bundeskanzlers. Gewählt wird er trotzdem nicht. Die politische Arbeit der Jung-Parlamentarier beginnt am Montag in fachpolitischen Ausschüssen. In einer aktuellen Stunde werden die Themen Rassismus und die Zukunft der Wehrpflicht erörtert, am Dienstag gibt es ein Abschlussplenum. Ob die „Jugend im Parlament“ in diesem Jahr mehr als nur Spaß zu bieten hat und tatsächlich Anregungen für die Bürgerschaft geben kann, bleibt abzuwarten. Danach wird jedenfalls wieder der feine Zwirn in die Bürgerschaft Einzug halten. lut/Fotos: Kerstin Rolfes