Begegnungsräume sind sexy

Peter Sandhaus und Dietrich Toellner von der „public space°development“ wollen den Alexanderplatz lebendig machen. Trotz bedenklicher Bebauungspläne haben sie dort noch viel vor

Interview LARS KLAASSEN

taz: Künstler, Theatermacher, Fotografen veranstalten Performances, Installationen oder werfen mit Scheinwerfern Texte auf den Fernsehturm. Warum macht psd°, public space°development, solche Kunstprojekte am Alex?

Dietrich Toellner: Der Alexanderplatz ist einer der letzten großen öffentlichen Plätze in Berlin. Die derzeitigen Konzepte für die Zukunft des Ortes gehen aber alle in Richtung Privatisierung. Wir wollen einen Ort der Begegnung schaffen. Begegnungsräume sind sexy.

Peter Sandhaus: Schon bevor wir 2001 mit DIE°ALEX starteten, haben wir im Haus des Lehrers am Alexanderplatz gearbeitet. Dabei beobachteten wir immer auch das Leben auf dem Platz. Der Alex erscheint uns als Sehnsuchtsraum und es fehlt an Aufenthalts- und Begegnungsqualitäten.

Kann man das, aus dem derzeitigen Alexanderplatz einen lebendigen Ort der Begegnung machen?

Peter Sandhaus: Ja, die Kunst besteht darin, alle Leute auf dem Platz mit einzubeziehen. Zugleich sollen die Angesprochenen sich selber beteiligen und sich mit anderen austauschen.

Dietrich Toellner: Erst wenn viele in den öffentlichen Raum etwas hineinbringen und miteinander kommunizieren, wird der Raum wirklich öffentlich.

Peter Sandhaus: Darum bieten wir zum Beispiel Leuten an, etwas ins Goldene Buch der Werte zu schreiben. Außerdem kann man bei uns die Alex.Aktie kaufen und damit in die Kunst auf dem Platz investieren.

Psd° entwickelt ein Konzept für die Kunst und Kultur auf dem Alexanderplatz der Zukunft. Was soll das werden?

Dietrich Toellner: Wenn der Alex bald bebaut wird, werden öffentliche Räume verschwinden. Wir stellen uns gerade die Frage, wie sie auch künftig in anderer Form erhalten werden könnten.

Peter Sandhaus: Der Alex darf nicht zu einem simulierten öffentlichen Raum mutieren wie etwa der PotsDaimler Platz. Hochhäuser entnehmen der Stadt vieles. Sie nehmen zum Beispiel Licht weg und produzieren Fallwinde. Unsere Überlegungen zielen deshalb auf die Frage: Wie können die Neubauten dem öffentlichen Raum etwas zurückgeben. Wir erarbeiten Konzepte für öffentliches Leben.

Gibt es konkrete Projekte, die künftig am Alexanderplatz stattfinden sollen?

Dietrich Toellner: Wir arbeiten unter anderem an der <embassy of life>. Dabei handelt es sich um die Projektion eines wachsenden menschlichen Fötus in die Kuppel einer Traglufthalle. Über einen Zeitraum von 14 Tagen soll die Halle tagsüber als Forum und abends als leuchtende Mitte des Alexanderplatzes dienen – ein Raum der Begegnung im Zeichen des Lebens.

Peter Sandhaus: Und nach den 14 Tagen wird <embassy of life> dann vom Alex aus auf die Reise gehen. Nach und nach soll sie den Alexanderplatz mit den Metropolen der Welt verbinden. Für dieses Symbol des Lebens suchen wir im Moment nach Finanzierungsmöglichkeiten.