Zwölf Castoren, viel Protest

Grüne machen gegen großflächiges Demo-Verbot im Wendland Front. Proteste ab dem kommenden Wochenende richten sich dieses Mal vor allem gegen die ungelöste Endlagerproblematik. 3.000 Demonstrierende zum Auftakt erwartet

aus Hannover JÜRGEN VOGES

Das präventive Demonstrationsverbot beiderseits der Castor-Strecke von Lüneburg nach Gorleben gerät immer mehr in die Kritik. Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im niedersächsischen Landtag Rebecca Harms bezeichnete gestern die Verbotsverfügung als „generelle Diffamierung“ des Bürgerprotestes gegen die Atomanlagen im Wendland. Die Verfügung soll ab dem 9. November in einem Korridor beiderseits der Transportroute Proteste unterbinden.

Mit dem Verbot würden Handlungen von Einzelnen dazu missbraucht, den Bürgern insgesamt das Recht auf Demonstration zu rauben, erklärte die Bürgerrechtsorganisation Komitee für Grundrechte und Demokratie gestern. Damit widerspreche die Verbotsverfügung klar einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1985. Nach Angaben der BI Lüchow-Dannenberg soll nun im Wendland allerdings auch schon das Demonstrieren außerhalb der erlassenen Verbotszone nicht mehr erlaubt sein.

Nach den Worten von Grünen-Fraktionschefin Harms leugnet die vierseitige Verbotsverfügung der Bezirksregierung Lüneburg einfach die Existenz eines friedlichen Protests gegen Atomtransporte im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Die Unterstellung, dass gewaltfreie Demonstrationen nur als Tarnung für Gewaltaktionen geplant würden, sei eine „politische Provokation und verunglimpfe die BI, die Initiative x-Tausendmal-quer, die bäuerliche Notgemeinschaft und etwa auch das Attac-Netzwerk.

Die kommende Transportwoche wird mit einer Auftaktkundgebung am 9. November am Gorlebener Endlagerbergwerk eingeläutet. Nach Angaben von Harms und der BI Lüchow-Dannenberg ist die diesmal vom Republikanischen Anwaltsverein angemeldete Auftaktkundgebung bislang nicht verboten. Sie richtet sich zwar auch gegen den bislang umfangreichsten Atommülltransport ins Gorlebener Zwischenlager – immerhin sollen am 11. November nahe der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague gleich zwölf Behälter auf die Reise ins Wendland gehen. Allerdings will die BI Lüchow-Dannenberg diesmal weg vom reinen Anti-Castor-Protest. Schon durch den Ort der Auftaktkundgebung werde man „die ungelöste Entsorgungsfrage insgesamt in den Mittelpunkt der Aktionen stellen“, sagte BI-Sprecher Francis Althoff.

BI-Sprecher Althoff erwartet bei den Protestaktionen insgesamt etwa 3.000 Teilnehmer. Schwierigkeiten machten Bezirksregierung Lüneburg und Polizei mit einem für den 11. 11. um 11.11 Uhr geplanten Demonstrationszug unter dem Motto „Allaf und helau – De Zoch kütt“. Angemeldet wurde zunächst ein Zug vom Dannenberger Marktplatz bis zur Castor-Umladestation, die natürlich in der Verbotszone liegt.

Genehmigen wollen die Behörden nach Angaben von Althoff jetzt nicht einmal eine Demo, die weit außerhalb der Verbotszone beginnt und am Marktplatz endet. Die Behörden böten nur völlig ins Abseits führende Alternativrouten an.