Lila Kleckse in Pakistan

Der Bremer Oberst a.D. Jan Kleffel verbringt seinen Ruhestand als Wahlbeobachter von OSZE und EU

„Am Wahltag wurde wenig geschummelt, die Manipulation hat vorher stattgefunden“

Lange hält es Jan Kleffel im schmucken Bremer Eigenheim nicht aus: Vor ein paar Tagen erst ist der Pensionär aus Pakistan zurückgekehrt, „heilfroh, dass mir nichts passiert ist“. Bald geht es zu einer sicherheitspolitischen Konferenz in die Niederlande. Keine Frage, der Mann braucht Action. Am 10. Oktober haben in der Islamischen Republik Pakistan Parlaments- und Provinzwahlen stattgefunden, und Kleffel gehörte einer internationalen Beobachtergruppe an – fast neunzig Mitarbeiter hatte die EU sechs Wochen lang kreuz und quer durch das Land geschickt.

Kleffel blickt auf eine lange Karriere bei der Bundeswehr und im diplomatischen Dienst zurück. Der heute 63-jährige Oberst a.D. arbeitete an den deutschen Botschaften in Japan und Pakistan, war leitender Botschaftsrat bei der UNO in New York und beriet – als Experte für Außen- und Sicherheitspolitik – Außen- und Verteidigungsministerium. Auch „für eine nachgeordnete Behörde“ des Bundeskanzleramts war Kleffel tätig.

Kurz vor seiner Pensionierung starb die Frau des Diplomaten an Krebs. „Wenn sie noch leben würde, wäre ich heute nicht in Bremen anzutreffen“, sagt der gebürtige Hamburger. Gerne wäre das Ehepaar weiter durch die Welt gereist. So ging Kleffel nach Bremen zurück – und signalisierte dem Auswärtigen Amt, dass er die Lust am Arbeiten noch nicht verloren habe: Elf Wahlbeobachtungsmissionen gehörte Kleffel inzwischen an: Vor der Pakistan-Reise weilte er zehnmal für OSZE auf dem Balkan.

Sein erster Einsatz führte Kleffel in den Kosovo. Unmittelbar vor den Nato-Luftangriffen auf Jugoslawien im März 1999 wurde Kleffels Team in einer Nacht- und Nebelaktion ausgeflogen, um nicht als lebende Schutzschilder herhalten zu müssen. „Das war die einzige Mission, auf der ich beschossen wurde“, erzählt Kleffel, „wir wussten nicht, ob wir da lebend rauskommen“. Ein halbes Jahr später, nach Milosevic‘ Sturz, fuhr Kleffel wieder nach Serbien und beobachtete die ersten freien Wahlen dort.

In Serbien, aber auch bei Wahlen in Montenegro, Bosnien oder jetzt in Pakistan beobachtete Kleffel Medien, Kandidatenaufstellung und logistische Wahlvorbereitungen. Eine wichtige Rolle spielte in allen Ländern das Thema Wahlmanipulation: In Pakistan etwa bekamen alle Wähler mit nicht abwaschbarer lila Farbe einen Klecks auf einen Fingernagel – um nicht mehrfach abzustimmen.

72 Millionen Pakistani waren zur Wahl aufgerufen, die Wahlbeteiligung lag bei 35 Prozent. Bedenklich stimmt Kleffel, dass eine anti-amerikanische, radikale Moslempartei, die pro Taliban ist und bin Laden als Helden verehrt, in manchen Provinzen satte Mehrheiten geholt hat. Am Wahltag selbst sei jedoch wenig geschummelt worden, sagt Kleffel: „Die Manipulation hat vorher stattgefunden.“ So könne sich nur zur Wahl stellen, wer einen Hochschulabschluss hat, einen „untadeligen muslimischen Lebenswandel“ führt, keine Schulden hat und seine Strom- und Wassergebühren bezahlt hat. Damit seien 98 Prozent der Bevölkerung vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen, sagt Kleffel, der am Wahltag von zwanzig Leibwächtern geschützt wurde. Was ihn nervte: „Sie können kein vernünftiges Gespräch führen, wenn ständig so Typen mit Gewehren um sie rum sind.“ Auf seine Schutzweste habe er „extra die deutsche Flagge draufgenäht“, um nicht für einen Amerikaner gehalten zu werden.

Wenn er zwischen all den Missionen ein paar Tage zu Hause in Bremen ist, kümmert sich Kleffel um einen „Landesfachausschuss Außen- und Sicherheitspolitik“, den er für die hiesige CDU ins Leben gerufen hat. Auf die Lokalpolitik kann das Unions-Mitglied aber getrost verzichten: „Die Bepflasterung des Bahnhofsvorplatzes interessiert mich wirklich nicht.“ Markus Jox