FÜR AFRIKAS KRIEGSGEBIETE SIND INVESTITIONEN ÜBERLEBENSWICHTIG
: Die Folgen der „Blutdiamanten“

Es ist ein ehrgeiziges System der Selbstregulierung, das die internationale Diamantenindustrie in diesen Tagen beschließt. Wer nicht garantieren kann, dass die von ihm angebotenen Steine von „legitimen Quellen“ stammen, „die nicht an der Finanzierung von Konflikten beteiligt sind und UN-Resolutionen einhalten“, darf in Zukunft nicht mehr am legalen Diamantenhandel teilnehmen. Nach Jahren der Debatte darüber, wie Rohstoffhandel in Afrika Bürgerkriege anheizt, wird er zum ersten Mal mit weltweit gültigen Regeln versehen.

Es ist kein Zufall, dass das neue System ausgerechnet zu dem Zeitpunkt entsteht, als in der UNO eine über die Diamantenbranche weit hinausgehende Grundsatzdebatte beginnt. Die vor zwei Wochen vorgelegten Erkenntnisse einer UN-Untersuchungskommission über die illegale Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Demokratischen Republik Kongo sollen ab dieser Woche im UN-Sicherheitsrat diskutiert werden; auch mögliche Maßnahmen gegen die Beteiligten werden erörtert: Neben den Militärs der Krieg führenden Länder auch private Unternehmen aus aller Welt, die Diamanten, Gold, Coltan, Tropenholz und andere Reichtümer aus dem Kongo beziehen oder verarbeiten. Die UN-Kommission sprach von einem „Elite-Verbrechernetzwerk“. Das geht weit über die Frage hinaus, ob ein Warlord mit dem Verkauf von Rohdiamanten Munition für seine Milizionäre kauft. Es geht darum, unter welchen Regeln ausländische Unternehmen überhaupt in einem Krisengebiet arbeiten können. Bisher wurde dies lediglich unter Berücksichtigung von Umwelt- und Sozialstandards diskutiert – im Falle Kongos geht es nun um die politischen Folgen unternehmerischen Engagements.

Diese Diskussion wäre ohne die Debatte über „Blutdiamanten“ nicht möglich gewesen. Es geht darum, dass auch Privatfirmen anerkennen müssen, dass ihre Aktivitäten politische und soziale Folgen haben. Darüber allein unter dem Gesichtspunkt der Verwerflichkeit zu reden, ist allerdings falsch. Man kann einen Ölkonzern leicht für die Verschmutzung seines Fördergebiets haftbar machen – aber nicht einen Edelmetallankäufer für die politischen Neigungen seiner Lieferanten. Ohne ausländisches Kapital ist der Wiederaufbau des Kongo und anderer Krisengebiete nicht möglich – und wer nach Investitionen in solchen Gebieten ruft, kann schlecht die bereits tätigen Firmen als Kriegsprofiteure verunglimpfen. Die Politik sollte die beteiligten Unternehmen nicht verteufeln, sondern sie in eine vorausschauende Entwicklungspolitik einbeziehen. DOMINIC JOHNSON