Kriegsgeschrei und Söldnergerüchte

Friedensverhandlungen für die Elfenbeinküste nach Mord an Oppositionspolitiker in Abidjan festgefahren: Die Rebellen wollen Gespräche über den Rücktritt der Regierung – die lehnt das ab. Beide Seiten mobilisieren ihre Anhänger und militärische Mittel

von DOMINIC JOHNSON

Der Friedensprozess in der Elfenbeinküste scheint zu scheitern, bevor er richtig begonnen hat. Streitpunkt ist der Wunsch der Rebellen der „Patriotischen Bewegung der Elfenbeinküste“ (MPCI), die die Nordhälfte des geteilten Landes beherrschen, ihre Hauptforderung nach Rücktritt des Staatschefs Laurent Gbagbo und Einsetzung einer neutralen Übergangsregierung zwecks Neuwahlen offiziell auf die Tagesordnung der Friedensgespräche mit der Regierung zu setzen, die in Togo stattfinden.

Am Montag lehnte die MPCI weitere Gespräche ab, wenn nicht über dieses Thema geredet würde. „Indem die ivoirische Regierung Hinrichtungen und Morde an politischen Führern fortsetzt, schafft sie nicht die geeigneten Bedingungen für eine Fortsetzung der Verhandlungen“, erklärte MPCI-Generalsekretär Guillaume Soro. „Wir kontrollieren 40 Prozent des Staatsgebiets. Wenn man nicht über alle Probleme reden will, lohnt es sich nicht, zu verhandeln.“ Zuvor war bekannt geworden, dass ein Führer einer kleinen Oppositionspartei in Abidjan von der Gendarmerie getötet worden war. Emile Téhé, Präsident der „Ivoirischen Volksbewegung“ (MPI), wurde Samstag tot am Rande des Stadtwaldes aufgefunden. Nach Angaben der Oppositionszeitung Le Patriote wurde er am Freitagabend festgenommen und hingerichtet.

Die Gespräche in Lomé hatten am vergangenen Mittwoch begonnen. Nach ersten Vereinbarungen wurden sie am Samstag vertagt. Unmittelbar versprachen beide Seiten, humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung nicht länger zu behindern, ihre Kriegsgefangenen freizulassen, keine Söldner mehr anzuwerben und keine außergerichtlichen Hinrichtungen mehr vorzunehmen. Dazu sicherte die Regierung für den Fall eines Friedensschlusses zu, die Rebellen zu amnestieren und wieder in die Streitkräfte aufzunehmen; darin sollen die in Burkina Faso lebenden ivoirischen Exilmilitärs eingeschlossen sein, die als Drahtzieher der MPCI gelten.

Beide Delegationen kehrten daraufhin in die Elfenbeinküste zurück. Die Rebellen organisierten Massendemonstrationen, auf der sie ihre Forderung nach Gbagbos Rücktritt wiederholten. Zugleich demonstrierten in Abidjan, dem Sitz der Regierung Gbagbo, 200.000 Anhänger regierungstreuer Gruppen.

Als sich am Montag eine Blockade der nächsten Gesprächsrunde abzeichnete, sprach Togos Präsident Gnassingbe Eyadema – der Gastgeber der Friedensverhandlungen – vom „Risiko eines Krieges“ und sondierte die Möglichkeit einer Allparteienkonferenz mit den wichtigsten politischen Führern der Elfenbeinküste.

Regierungsdelegierte lehnten dies jedoch ab und sagten, sie zögen ein „rasches Ende“ der Gespräche vor. Gestern Nachmittag reiste MPCI-Generalsekretär Soro schließlich doch nach Togo zurück, nachdem er angab, nicht näher ausgeführte „Garantien“ erhalten zu haben. „Man muss Optimist sein“, sagte er. Doch falls die Rebellen sich durchsetzen, droht eine Blockade seitens der Regierung.

Parlamentspräsident Mamdou Koulibaly, der der Partei von Staatschef Gbagbo angehört, hatte gegenüber der taz in Abidjan bereits zum Auftakt der Gespräche letzte Woche betont, dass die Forderung der Rebellen nach Gbagbos Rücktritt und Neuwahlen nicht verhandelbar sei. Die erste Gesprächsrunde bestehe lediglich aus „Gesprächen über die Gespräche“, meinte er: „Ausgangsbedingung ist, dass die Rebellen ihre Waffen niederlegen. Wenn sie damit nicht einverstanden sind, gibt es keine Verhandlungen.“ Strittig sei innerhalb der Regierung lediglich, „ob wir nach dem Scheitern der Verhandlungen gleich wieder Krieg führen oder ob wir eine zweite und dritte Verhandlungsrunde machen, während der das Land geteilt bleibt. Das ist nicht endgültig entschieden.“

Sichere Quellen melden derweil, die Regierung Gbagbo sei im Begriff, Söldner zu rekrutieren, um eine neue Kriegsrunde vorzubereiten. Neben den bereits eingesetzten Militärberatern aus Angola ist von Führern der südafrikanischen Söldnerfirma „Executive Outcomes“ die Rede, die bis zu 170 Kämpfer aus Kuba für die Elfenbeinküste angeworben hätten. Dazu seien 30 Osteuropäer in die persönliche Garde Gbagbos aufgenommen worden. Die Regierung hat das alles dementiert.