Scherf und Gabriel sagen sich „Ja“

Mit einem „Letter of intend“ treten die Regierungschefs von Niedersachsen und Bremen den Zweifeln an der Finanzierbarkeit des Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven entgegen. Siegmar Gabriel hofft auf russische Beteiligung an der Finanzierung

Die Grundfinanzierung des in Wilhelmshaven geplanten Tiefwasserhafens steht. Das haben die Regierungschefs der Länder Niedersachsen und Bremen, Sigmar Gabriel und Henning Scherf (beide SPD), gestern in einer Pressekonferenz in Hannover festgestellt und eine Grundsatzerklärung („letter of intent“) unterzeichnet. Niedersachsen soll 50,1 Prozent der Anteile an der Jade-Weser-Port-Realisierungsgesellschaft übernehmen, Bremen 49,9 Prozent.

In der vergangenen Woche hatte Bremens Finanzsenator Hartmut Perschau noch erklärt: „Dieses Projekt ist von den Küstenländern allein nicht finanzierbar.“ Perschau wollte mit einem Gutachten die Finanzhilfe des Bundes einklagen. Diese widersprüchlichen Stellungnahmen des Senats kommentiert der SPD-Bundestagsabgeordnete Völker Kröning: „Ich bin ja ein höflicher Mensch. Das wirkt etwas unkoordiniert.“ Bremen und Niedersachsen müssten das Ziel verfolgen, dass der Bund sich an der Verkehrsanbindung des Hafens wesentlich beteiligt, meinte Kröning, aber diese Infrastrukturkosten kommen zu der Bausumme noch hinzu. Die „Nachfolgeregelung Hafenlasten“ sei mit einer gesetzlichen Regelung festgeklopft: Die Zuschüsse für die bremischen Hafenlasten betragen ab dem Jahr 2005 nicht mehr 46 Millionen Euro, sondern nur noch 11 Millionen Euro pro Jahr. Daran sei heute kaum noch zu rütteln, da die Regelung einstimmig von allen Bundesländern gebilligt worden war. Allein die Unterhaltung der Kajen kostet Bremen 108 Millionen Euro im Jahr.

Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Christian Wulff, bekannte sich zum Bau des Hafens, kritisierte aber die Finanzierungspläne. Gabriel verschweige, dass der Hafen in Wirklichkeit fast eine Milliarde Euro koste. Außerdem sei er mit seinen „hochfliegenden Privatisierungsplänen zur Hafeninfrastruktur grandios gescheitert“.

Die europaweit agierende Umschlagsfirma Eurogate (Bremen/Hamburg) hatte kürzlich eine Beteiligung an der Finanzierung abgelehnt. Dass man im niedersächsischen Wirtschaftsressort intern schon damit rechne, die Kosten ohne private Beteiligung aufbringen zu müssen, bestritten die Regierungschefs. In der vergangenen Woche war berichtet worden, statt der offiziell veranschlagten 750 Millionen rechne man mit einer Milliarde Euro Kosten für die beiden Länder. „Das ist nicht richtig“, erklärt Niedersachsens Regierungssprecher dazu. Gabriel meinte, es gebe zum Beispiel bei russischen Partnern ein großes Interesse. „Mit der EU-Osterweiterung wird unsere Küste zu einer ganz faszinierenden Drehscheibe.“

Die Umweltorganisation WWF forderte beide Länder zu einem Ausstieg aus dem Projekt auf. Bau und Betrieb würden gravierende Umweltschäden im Ökosystem Wattenmeer verursachen. „Ein so massiver Eingriff in die Natur ist gerade angesichts der ungeklärten Rentabilität keinesfalls zu rechtfertigen.“ Die Wirtschaftsberater von Roland Berger hätten in ihrer „Standortanalyse Tiefwasserhafen“, so erinnert der WWF, „eindringlich vor einem Alleingang der öffentlichen Hand“ bei der Finanzierung gewarnt. Dass bisher private Investoren kein Interesse gezeigt hätten, begründet für die Umweltschützer die Zweifel an der Rentabilität.

Niedersachsens Wirtschaftsministerin Susanne Knorre (parteilos) kündigte an, dass mit dem Bau bis spätestens Mitte 2005 begonnen werde. Im ersten Bauabschnitt solle der Hafen 2009 in Betrieb geben. dpa/K.W.