Jede Menge Deutschstunden

In der zweiten Generation der Terroristenfilme will man den Fratzen von den Fahndungsplakaten auch wirkliches Gesicht geben

Allerlei Terroristenfilme hier und da im Angebot, und „Do It“ von Sabine Gisiger und Marcel Zwingli im Regenbogen Kino von Freitag bis Montag, jeweils 20 Uhr

Die Terroristen sind also unter uns im deutschen Kinoherbst 2002, der nur den Trend bestätigte: Die Umdeutung von alten Fahndungsaufrufen zu Filmplakaten, die darauf verweisen, dass hier noch was gärt. Deutsche Geschichte.

Ein Generalnenner bei den Annäherungen an das Thema Terrorismus ist dabei gar nicht auszumachen. Nur: Die Filme bündeln sich eben im Heute; dreißig Jahre nach der Zeit, als sich ein Teil der APO in den Untergrund verabschiedete. Ein junges Menschenleben. Fast die Zeitspanne, die auch zwischen den Trümmern des Dritten Reichs und dem Auftakt der Studentenbewegung lag. Während der Zwiespalt einst aber mit viel Verbitterung zwischen den Generationen ausgetragen wurde, wird die Vergangenheit heute medial in den Kinosälen verhandelt.

Das ist insofern stimmig, weil der Terrorismus eben auch Medienphänomen war. Angefangen mit den Fahndungsplakaten, deren Gesichter erst heute ein Leben zu bekommen scheinen. Etwa das in der DDR, in der RAF-Aktivisten Unterschlupf fanden, dem Volker Schlöndorff in „Die Stille nach dem Schuss“ von 2000 nachspürte. Christian Petzold schilderte in „Die innere Sicherheit“ das Vegetieren im Untergrund aus der Perspektive eines Teenagers. Ab 14. 11. ist der Film wieder im Filmmuseum Potsdam zu sehen, und derzeit läuft dort mit „Starbuck Holger Meins“ Gerd Conradts Porträt des RAF-Terroristen. Im Lichtblick-Kino blickt man gerade mit „Deutschland im Herbst“ und Andres Veiels präziser Dokumentation „Black Box BRD“ (die vielleicht wenig von den Beweggründen für den bewaffneten Kampf, alles aber vom Muff der Zeit verrät) auf den Deutschen Herbst 1977. Christoph Roths eher unbedarfte Popballade „Baader“ ist noch im Kant und im Central zu sehen. Wenn Sie aber in diesem Jahr nur einen einzigen Terroristenfilm gucken wollen, sollte das „Do It“ sein. Der zeigt, dass es selbst in der Schweiz Terroristen gab. Eine Dokumentation, die in Sachen Unterhaltungswert so ziemlich die gesammelte Spielfilmproduktion hinter sich lässt und dazu wirklich anzurühren weiß. TM